Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Gott bestellt Adam bei Ikea
Zum Lachen in die Alte Schule: Kulturfreunde Eriskirch zeigen etwa 100 Karikaturen von Peter Gaymann bis Til Mette
ERISKIRCH - Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht. Eine Karikatur ist gut gemeint, wenn sie ein Schmunzeln auslöst. Gut gemacht aber, wenn man lachen muss. In der neuen Ausstellung der Kulturfreunde Eiskirch lacht man oft. Darüber etwa: Ein Mann steht mit zwei Koffern vor einem Grab. „Mutter“, sagt er, „mein ganzes Geld ist weg. Kann ich bei dir wohnen?“
Die Ausstellung „Preisgekrönt“zeigt die besten Einreichungen zum Deutschen Karikaturenpreis der vergangenen 18 Jahre. Freilich sind darunter allseits bekannte Namen wie Til Mette, ERL, Stuttmann und Tetsche – aber auch Peter Gaymann, der den Kulturfreunden im letzten Sommer den größten Besuchererfolg ihrer Geschichte bescherte.
Die etwa 100 gezeigten Blätter wurden gründlich ausgewählt. „Bei manchen Karikaturen haben wir uns gefragt, was die Zeichner damit sagen wollten“, erklärt Hans Sailer. Nicht, dass sie schlecht gewesen wären. Aber bei einer Karikatur, die schon einige Jahre auf dem Buckel hat, versteht man heute nicht mehr unbedingt die Zeitumstände, auf die sie sich seinerzeit bezogen. Bei den ausgestellten Blättern ist das anders. Hans Sailers Lieblingskarikatur ziert den Flyer: Gott skizziert am Reißbrett den Menschen – und lacht sich kaputt. „Geburtsstunde des schwarzen Humors“, steht darunter. Ein anderes Blatt zeigt Gott bei der Arbeit an Adam. Er hat ihn auch schon fast fertig. Nun lugt er ihm ins gähnend hohle Oberstübchen und mault: „Irgendein Teil fehlt immer“. Wenn Ihnen hier die Pointe fehlt: Dieser Adam ist ein Bausatz von Ikea.
Wenn Frauen nicht verschwinden
Thematisch geht es quer durch den Gemüsegarten. Politik und Smartphone-Autismus, Klimawandel und Fremdenfeindlichkeit – oder auch die Mühen des Ehelebens: Eine Frau hantiert am Herd, in ihrem Rücken gestikuliert ein alter Zauberer. „Seit 48 Jahren versuchte Herbert immer wieder, seine Frau einfach verschwinden zu lassen. Langsam hatte er das Gefühl, dass ihm die Zeit weglief ...“So mancher Cartoon ist bitterlustig, gerade wenn es ums Alter geht. Da fragt eine gebrechliche Frau, auf den Rollator gestützt: „Kann ich mich noch irgendwie nützlich machen?“– Ach Oma!“, antwortet der Enkel, „denk doch nicht immer ans Sterben“. Ein Freudscher Versprecher verkleidet als Ermunterung.
„Die Sächsische Zeitung hat den Deutschen Karikaturenpreis im Jahr 2000 ins Leben gerufen und vergibt ihn in Zusammenarbeit mit wechselnden Medien“, sagt Hans Sailer. In der Auswahl waren auch strittige Arbeiten. Kann man so etwas zeigen? Eine Karikatur des türkischen Präsidenten Erdogan, mit bräsigem Blick, Karpfenmaul und einem roten Putzkübel auf dem Kopf? „Ich fand, das geht in Richtung Schmähgedicht von Jan Böhmermann“, sagt Hans Sailer. „Trotzdem“, fügt er an, „hätten wir dieses Bild ausgestellt – vorausgesetzt, auch die anderen drei Karikaturen dieser Serie wären in der Auswahl gewesen: Putin, Trump und Nordkoreas Kim Jong-un.“Leider war das nicht der Fall.
Mit dem Narzissmus von Eltern fährt diese Karikatur sehr schön Schlitten: „Nun, Ihr Kind ist nicht hochbegabt“, erklärt der Psychologe. „Sie sind nur beide sehr, sehr dumm“. Dumm ist es auch, wenn das autonom fahrende Auto seinen eigenen Kopf durchsetzt: „Unser Auto will schon mal nach Hause. Wir sollen später den Bus nehmen“, sagt im Restaurant ein Mann zu seiner Frau mit Blick aufs Handy.
Wird diese Karikaturen-Ausstellung den Gaymann-Rekord brechen können? Verdient hätte sie es, wie auch die Kulturfreunde Eriskirch. Es wäre ein starker Abgang des Vereins, dem die Auflösung droht. Bei der letzten Hauptversammlung hatte sich kein Nachfolger für Hans Sailer gefunden. Nach 20 Jahren ist dies sein letztes als Vorsitzender.
Die Ausstellung „Preisgekrönt. Das Beste zum Deutschen Karikaturenpreis“wird am Freitag, 22. Juni, um 19 Uhr im Bürgerhaus Alte Schule (Kirchplatz 1) in Eriskirch eröffnet. Andrea Dreher gibt eine Einführung, musikalisch begleitet wird die Vernissage vom Lothar-Kraft-Trio. Die Ausstellung ist bis 2. September zu sehen, jeweils dienstags von 19 bis 21 Uhr, samstags von 16 bis 18 Uhr sowie sonntags von 10 bis 12 und 17 bis 19 Uhr.