Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Mister Tatort“spielt kriminell spannenden Jazz
Klaus Doldinger ist der Star des Landesjazzfestivals 2018 in Friedrichshafen
FRIEDRICHSHAFEN - Beeilen Sie sich mit dem Kartenkauf! Wenn es um Jazz in Friedrichshafen geht, fällt dieser Satz nicht oft. Aber erstens geht es um Klaus Doldinger, zweitens geht ein Teil der Karten seines Konzerts an die Abo-Kunden des Kulturbüros und drittens spielt Doldinger im Rahmen des Landesjazzfestivals, das überregional beworben wird.
Klaus Doldinger ist der Vater des deutschen Jazzrock; und als Komponist der „Tatort“-Titelmelodie hat seine Musik einen festen Platz in Millionen deutscher Wohnzimmer gefunden. Ins GZH kommt der inzwischen 82-jährige Saxofonist am Dienstag, 2. Oktober, um 20 Uhr mit seiner legendären Band Passport, die 1971 ihre erste Platte aufnahm. In dieser Formation verband Doldinger stets das Experimentelle mit dem Süffigen, weswegen Passport auch die „deutschen Weather Report“genannt wurden.
Im Rahmen des Festivals gibt Klaus Doldinger zudem Einblick in sein Denken: Joachim Landkammer von der Zeppelin-Universität unterhält sich mit ihm am 2. Oktober im GZH vor dem Konzert, um 18 Uhr, über „Filmmusik einst und heute“. Da Doldinger zahlreiche Filmmusiken geschrieben hat – darunter den Soundtrack von „Das Boot“– und sie bis heute komponiert, ist er zu diesem Thema kompetent wie kaum ein anderer. Der Eintritt zum Gespräch ist frei.
Renaud Garcia Fons ist der zweite große Star des Landesjazzfestivals. Der Franzose mit spanischen Wurzeln ist der Klangpoet unter den Kontrabassisten – und zugleich einer der virtuosesten, spielt er doch auf einem Instrument mit fünf Saiten. Oft sind seine Konzerte Reisen in eine vor Hitze flimmernde Schönheit, in der die Musikkulturen des Mittelmeerraums auf den Orient treffen. Zusammen mit David Ventucci am Akkordeon und dem Percussionisten Stephan Caracci unternimmt er am Freitag, 5. Oktober, 20.30 Uhr, im Casino Kulturraum hingegen einen Spaziergang durch die Straßen von Paris – in fein arrangierten Eigenkompositionen.
Jasper van’t Hof ist ein ganz anderer Weltreisender als Renaud Garcia Fons. Der demnächst 70-jährige Niederländer verknüpfte mit seiner Band Pili Pili Anfang der 80er-Jahre Jazz, Rock und Funk mit zentralafrikanischer Folklore – und landete mit dieser bis dahin nicht bekannten Art von Tanzmusik einen Volltreffer in der Clubszene. Angelique Kidjo, zeitweise Frontfrau von Pili Pili, legte bei van’t Hof übrigens den Grundstein ihrer Gesangskarriere. Bis heute stehen Pili Pili für Jazz, den man tanzen kann. Das afrikanische Element ist dabei keine verwässerte Ethno-Zutat, sondern Basis der Musik. Am Samstag, 6. Oktober, 20.30 Uhr, spielen Pili Pili im Casino Kulturraum.
Jazz-Soli mit Mundharmonika treffen auf E-Gitarre
Schon jetzt steht fest, dass das Konzert des Samo Salamon Bassless Trios etwas Besonderes werden wird. Noch nie gehört von diesem jungen Finnen? Macht nichts – der Penguin Jazz Guide, eine der maßgeblichen Jazz-Bibeln, wählte Salamons CD „Ornethology“jedenfalls zu einem der 1001 besten Alben in der Geschichte des Jazz. Beim Konzert am Donnerstag, 4. Oktober, um 20.30 Uhr in der Foodbar Amicus spielt Salamon mit dem slowenischen Schlagzeuger Bojan Krhlanko und mit dem amerikanischen Mundharmonikaspieler Howard Levy. Auch weil die Mundharmonika im Jazz eine Rarität ist, lohnt der Besuch. Blues, Balkan und Arabien, all das tönt aus Howard Levys Stil.
Das Landesjazzfestival ist im Grunde eine prächtigere Variante des Jazz & More Festivals, das seit
2014 alljährlich Anfang Oktober in Friedrichshafen stattfindet. Man merkt es spätestens am Konzert des New Jazzport Orchestras, der Big Band des Vereins Jazzport. Sie durfte bei noch keinem Jazz & More Festival fehlen. Zusammen mit dem Trompeter und Sänger Joo Kraus führt die Big Band das Programm „Public Jazz Lounge“auf. Schon 2011 brachten Kraus und das New Jazzport Orchestra es erstmals über die Bühne. Darin gibt es die Big Band-Version eines intimen Folksongs von Simon & Garfunkel, Joo Kraus rappt George Bensons Soulklassiker „Gimme The Night“und auch Sting wird kreativ umgebaut. Das Konzert findet am Mittwoch, 3. Oktober, um 11 Uhr im Casino Kulturraum statt – bei gutem Wetter unter freiem Himmel. Eingeläutet wird das Festival im Gessler 1862 am Samstag, 29. September, um 20 Uhr mit dem stimmungsvollen Sommerjazz der Band Canta Brasil. Zusätzlich zu diesem offiziellen Festivalprogramm wird es noch einige „Vorrunden-Konzerte“geben, über die wir zeitnah informieren. Schließlich sind da noch die Musikfilme, die im Rahmen des Landesjazzfestivals in Kino Studio 17 über die Leinwand flimmern, jeweils um 18 Uhr, vor den abendlichen Konzerten. „Django – Ein Leben für die Musik“beleuchtet am Donnerstag, 4., und Freitag, 5. Oktober, das Leben des legendären Gipsy-Gitarristen Django Reinhardt.
In der Dokumentation „The King – Mit Elvis durch Amerika“zeichnet Regisseur Eugene Jarecki Elvis Presleys Konzerttourneen nach. Im alten Rolls Royce des Sängers fährt er von New York über Las Vegas bis in den tiefen Süden. Zu sehen am Samstag, 6. Oktober – sowie am Sonntag, 7. Oktober, im Rahmen eines Filmfrühstücks, ausnahmsweise bereits um 10 Uhr.