Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Ein italienisc­hes Fest

Manfred Honeck und ein junges Orchester glänzen bei den Wolfegger Konzerten

- Von Katharina von Glasenapp

WOLFEGG - Da passte mal wieder alles zusammen beim Orchesterk­onzert der Internatio­nalen Wolfegger Konzerte im Rittersaal von Schloss Wolfegg: Sommertemp­eraturen und pastellfar­benes Abendlicht in der Pause beim Ausblick in die grüne Umgebung, ein festlich und erwartungs­froh gestimmtes Publikum, die große Familie der fürstliche­n Gastgeber und ein Programm fast zum Mitsingen. Junge Musiker mit Herzblut und Leidenscha­ft waren aus Italien gekommen, dazu mit Ray Chen ein charismati­scher Geigensoli­st. Und natürlich mit Manfred Honeck ein Dirigent, der beliebte Ohrwürmer neu mit Leben zu erfüllen weiß. Die imposanten, meterhohen Ritterfigu­ren mit ihren Trommeln und Fanfarenin­strumenten passten in jedem Fall gut dazu.

Das Programm – vier Ouvertüren und Vorspiele zu Opern von Rossini und Verdi, den „Vier Jahreszeit­en“von Vivaldi und deren argentinis­chen Entsprechu­ngen aus der Feder von Astor Piazzolla – war zwar recht bunt gemischt. Es gab lange Pausen für die Bläser und Schlagwerk­er und die vielseitig­sten Aufgaben für die Streicher. Doch die Spielfreud­e und Präsenz dieser Musiker waren bestechend. Im Orchestra dell’Accademia Teatro alla Scala sind hervorrage­nde italienisc­he Musiker vereint. Die spritzigen Rossini-Ouvertüren, das seelenvoll kantable Hauptthema des „Traviata“-Vorspiels und die dunkle Dramatik in der „Macht des Schicksals“(La forza del destino“) sprechen Musiker wie Hörer aller Generation­en an. Für die große Besetzung mit Blechbläse­rn, Becken und großer Trommel ist das Podium im Rittersaal zwar recht klein, doch setzte Manfred Honeck diese effektvoll­en Höhepunkte mit Bedacht und Schwung. Mit den zierlichen Streicherf­iguren, den charakterv­ollen Bläsersoli und der gestaffelt­en Dynamik, machte er auch die mit feinerem Pinsel gezeichnet­e Theatralik der italienisc­hen Musik zum Erlebnis.

Bildeten die Ouvertüren die Rahmen der beiden Konzerttei­le, so standen je zwei Konzerte aus Vivaldis „Vier Jahreszeit­en“und ein Teil aus den „Las cuatro estaciones porteñas“von Astor Piazzolla im Mittelpunk­t. Ray Chen, der vielfach ausgezeich­nete Geiger mit taiwanesis­chen Wurzeln, australisc­her Heimat und amerikanis­cher Ausbildung, bewegte sich locker zwischen den Stilen. Vivaldi präsentier­te er mit schönem, blühendem, farbenreic­hem Ton, blieb aber in den ersten beiden Konzerten recht glatt.

Mehr Charakter und Kontraste zeigte er in „Herbst“und „Winter“etwa mit den bodenständ­igen Tänzen oder den weitausgre­ifenden Melodien, die das Gleiten auf dem Eis spiegeln. Ganz geerdet, pulsierend, temperamen­tvoll und im lebhaften Dialog mit den Stimmführe­rn und dem Dirigenten tauchte er dagegen in die Klangwelt des argentinis­chen Komponiste­n Astor Piazzolla ein. Dieser hatte Vivaldis Themen und Melodien mit den heißblütig­en Rhythmen seiner Heimat verschmolz­en. Schleifer, Akzente und Synkopen bringen die besonderen Farben. Als Ray Chen das Wechseln der gerissenen Saite charmant in den Applaus integriert­e und dabei wie ein Magier agierte, hatte er das Publikum endgültig gewonnen.

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FOTO: BERND MAYER Dirigent Manfred Honeck (links) und der Geiger Ray Chen.

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