Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Der lachende Dritte

Sebastian Vettel profitiert bei Max Verstappen­s Sieg in Spielberg vom Ausfall Lewis Hamiltons

-

SPIELBERG (SID/dpa) - Sebastian Vettel schäumte Max Verstappen gönnerhaft mit Champagner ein, dann genehmigte der neue WM-Spitzenrei­ter sich selbst einen tiefen Schluck – und freute sich diebisch über den totalen Mercedes-Blackout, dem auch Formel-1-Weltmeiste­r Lewis Hamilton zum Opfer gefallen war. Der dritte Rang in Spielberg hinter Red-Bull-Pilot Verstappen und seinem FerrariKol­legen Kimi Räikkönen genügte Vettel zum Zurückerob­ern der WMFührung, weil Mercedes nach einer Fehler- und Defektorgi­e erstmals seit mehr als zwei Jahren kein Auto ins Ziel brachte.

„Kein guter Tag für sie, sehr gute Schadensbe­grenzung für uns“, sagte Vettel, der aufgrund einer Startplatz­strafe nach dem Qualifying von Rang sechs statt als Dritter hatte ins Rennen starten müssen. Bei Silber herrschte schlicht Fassungslo­sigkeit. „Das ist der schwierigs­te Tag in meiner Mercedes-Zeit“, sagte Motorsport­chef Toto Wolff. „Wir hatten das schnellste Auto, waren auf eins und zwei. Und dann haben wir falsch gemacht, was man falsch machen konnte.“Hamilton selbst sprach schlicht von einem „Tag zum Vergessen“. Er hatte seinen Mercedes in der Schlusspha­se wegen fehlenden Benzindruc­ks abstellen müssen, erstmals seit 33 Rennen sah er die Zielflagge nicht. Den Sieg hatte sein Team zuvor allerdings schon durch eine herbe Panne am Kommandost­and weggeworfe­n.

Campinganh­änger ist zu schnell

„Wir hatten aber auch ein richtig gutes Auto hier, sonst wäre das nicht möglich gewesen“, sagte Vettel. Am Ende hatten Räikkönen und Vettel sich sogar Verstappen noch einmal mit Rasanz genähert, doch der Niederländ­er war nicht mehr einzufange­n. „Max und seinen Campinganh­änger haben wir leider nicht mehr bekommen“, sagte Vettel grinsend. Verstappen machte Grand-Prix-Gastgeber Red Bull und Tausende mitgereist­er Landsleute glücklich, Teamkolleg­e Daniel Ricciardo dagegen musste mit Getriebede­fekt aufgeben. Auch der Emmericher Nico Hülkenberg schied aus, recht früh, mit einem Motorschad­en an seinem Renault.

Sebastian Vettel fährt nun als Spitzenrei­ter ins Land seines Rivalen, mit einem Punkt Vorsprung. Schon kommenden Sonntag steht Hamiltons Heimspiel in Silverston­e an. Bei Mercedes wird bis dahin Aufbauarbe­it gefragt sein, denn Silber hat in Spielberg einen sicher scheinende­n Doppelsieg weggeworfe­n. Pole-Setter Valtteri Bottas verlor schon nach 14 Runden hydraulisc­hen Druck und musste seinen Boliden abstellen – ausgerechn­et die folgende Safety-Car-Phase verschlief­en die Mercedes-Strategen: Hamilton wurde als einziger Toppilot nicht an die Box gerufen. Der Engländer, bis dahin führend, verlor dadurch sehr viel Zeit auf die Konkurrent­en und war entspreche­nd fassungslo­s. Mercedes-Stratege James Vowles entschuldi­gte sich via Funk: „Das war mein Fehler. Tu bitte, was du kannst.“

Viel konnte Hamilton aber nicht mehr tun – Verstappen, Ricciardo und Räikkönen waren quasi in der Box vorbeigezo­gen. Knapp vor Vettel kam der Weltmeiste­r wieder auf die Strecke. „Wir haben einen Sieg weggeschmi­ssen“, schimpfte er, Vowles versuchte zu beschwicht­igen: „Ich habe den Sieg weggeschmi­ssen. Du hast noch Chancen, Plätze gutzumache­n.“

Das Gegenteil war der Fall: Zur Rennhalbze­it ging auch Vettel – mit Hilfe des Klappflüge­ls und einem starken Manöver auf der Innenbahn – an Hamilton vorbei. Verstappen führte nun recht komfortabe­l vor dem Ferrari-Duo, und Hamilton bekam schon wieder Probleme. „Diese Hinterreif­en werden verdammt noch mal nicht halten“, funkte er an die Box. Er musste erneut zum Reifenwech­sel – am Ende machte der Defekt den Mercedes-Totalausfa­ll perfekt.

Das Wort zum – gebrauchte­n – Tag sprach danach Toto Wolff: „Motorsport kann eben sehr grausam sein.“

 ?? FOTO: DPA ?? Applaus, Applaus: Spielberg-Sieger Max Verstappen (li.), WM-Spitzenrei­ter Sebastian Vettel.
FOTO: DPA Applaus, Applaus: Spielberg-Sieger Max Verstappen (li.), WM-Spitzenrei­ter Sebastian Vettel.
 ?? FOTO: AFP ?? Nicht sein Wochenende: Lewis Hamilton.
FOTO: AFP Nicht sein Wochenende: Lewis Hamilton.

Newspapers in German

Newspapers from Germany