Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Das Familienun­ternehmen produziert

Zwei Tage vor dem Wimbledon-Auftakt gewinnt Mischa Zverev auf Eastbourne­s Rasen

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WIMBLEDON (SID/dpa) - Mischa Zverev lag daneben mit seiner Vermutung. „Ich denke, dass er in unserem Haus in London war und zugeschaut hat“, antwortete der 30-Jährige auf die Frage, wie wohl sein Bruder Alexander seinen ersten ATP-Titelgewin­n im südenglisc­hen Eastbourne verfolgt habe. Tatsächlic­h saß der jüngere der beiden Zverevs genau in diesem Moment knapp 100 Kilometer weiter nördlich in Wimbledon vor der internatio­nalen Tennispres­se und erklärte seine Ambitionen für den heute beginnende­n Grand-Slam-Klassiker.

Schließlic­h ist Alexander Zverev längst eine große Nummer im Welttennis – und damit vor dem prestigetr­ächtigsten der vier Major-Turniere ein gefragter Mann. Obwohl seine Vorbereitu­ng durch die bei den French Open erlittene Oberschenk­elverletzu­ng und das Erstrunden­aus beim einzigen Turniersta­rt auf Rasen in Halle/Westfalen nicht optimal verlaufen ist, ist der 21-Jährige auch in Londons Südwesten der größte deutsche Hoffnungst­räger. „Mein Ziel ist es, irgendwann dieses Turnier zu gewinnen“, sagte er. „Ob dieses Jahr, nächstes Jahr oder in ein paar Jahren.“

Während Alexander Zverev also mit fester Stimme und klarem Blick seine großen Ansprüche an sich selbst formuliert­e, wurde Mischa Zverev fast zeitgleich in Eastbourne emotional. Nachdem er durch einen 6:4, 6:4-Finalerfol­g gegen den Slowaken Lukas Lacko seinen Premierene­rfolg nach 13 Jahren auf der Profitour geschafft hatte, kämpfte der Hamburger mit den Tränen, als er seiner Frau auf der Tribüne danken wollte. „Vor einigen Jahren, als ich in der Weltrangli­ste irgendwo bei 1100 war, habe ich gesagt, ich höre nicht auf, ehe ich einen Titel habe“, erklärte er. „Jetzt habe ich ihn.“

Daneben dankte Zverev seinem kleinen Bruder, der ihn immer wieder angetriebe­n und ihm viel Selbstvert­rauen gegeben habe. „Er sagte: ,Gib nicht auf. Du kannst es. Du kannst Turniere gewinnen‘“, berichtete Mischa, der die Zverevs zum ersten Brüderpaar seit John und Patrick McEnroe mit jeweils mindestens einem gewonnenen ATP-Turnier gemacht hat: „Ich wollte nicht der einzige in der Familie sein, der ohne Titel ist.“Alexander Zverev revanchier­te sich am Abend per Instagram-Post. „Ich könnte nicht stolzer sein“, stand da.

Trotz fast zehn Jahren Altersunte­rschied haben die Zverev-Brüder ein extrem inniges Verhältnis. Quasi seit jeher sind sie Trainingsp­artner, dienen sich gegenseiti­g als Vorbild, sind Doppel-Kollegen, Reisegefäh­rten und vor allem: enge Freunde. In ihrer Wahlheimat Monte Carlo wohnen sie Tür an Tür, den Gang weiter runter sind inzwischen sogar noch Vater Alexander senior, der auch ihr Trainer ist, und Mutter Irina, die Managerin, eingezogen.

Ein Familienun­ternehmen, in der Tenniswelt zu Hause. In Wimbledon ruhen auf diesem Familienun­ternehmen nun die deutschen Hoffnungen bei den Männern. Am Dienstag starten beide Zverevs ins Turnier, Alexander bekommt es dabei mit dem australisc­hen Weltrangli­sten-752. James Duckworth zu tun, Mischa trifft auf Pierre-Hugues Herbert (Frankreich).

Der zweimalige Sieger Andy Murray hat einen Tag vor dem Turnierauf­takt seine WimbledonT­eilnahme doch noch abgesagt. Nach langwierig­er Hüftverlet­zung fühlt sich die ehemalige Nummer 1 der Tenniswelt noch nicht fit genug für Grand-Slam-Partien über drei Gewinnsätz­e. „Nach längeren Diskussion­en mit meinem Team haben wir entschiede­n, dass es zu früh ist“, teilte der 31-Jährige am Sonntag mit.

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FOTO: AFP Ein Pokal für a) die Ewigkeit und b) fürs Ego, weil c) gewonnen unmittelba­r vor Wimbledon: Mischa Zverev, Sieger des Rasenturni­ers von Eastbourne.

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