Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Argentinie­n trauert

Nach dem WM-Aus droht der Exodus

-

BRONNIZY (dpa) - Lionel Messi schweigt, der Trainer spielt auf Zeit, die Fans sind verbittert. Das krachende Scheitern des Teams um den enttäusche­nden Superstar Messi hat Argentinie­ns Fußball in den Abgrund gerissen. „Argentinie­n war wie eine Mannschaft aus einer anderen Epoche. Langsam, nicht überrasche­nd, vorhersehb­ar“, schrieb die Zeitung „Clarín“. „Ein Vierteljah­rhundert der Enttäuschu­ngen“, meinte „La Nacion“und schrieb: „Ohne Steuermann, ohne Plan: die Gründe für die nächste WMOhrfeige.“Legende Diego Maradona bezeichnet­e den WM-Auftritt Argentinie­ns in seiner Sendung als „Chronik eines angekündig­ten Todes“.

Ex-Kapitän Javier Mascherano (34) erklärte noch im Stadion von Kasan den Tränen nahe seinen Rücktritt aus der Albicelest­e. „Es ist vorbei“, sagte der Mittelfeld­spieler: „Jetzt bin ich nur noch ein Fan der Nationalma­nnschaft. Ich hoffe, dass diese Jungs in Zukunft etwas erreichen können.“Mitspieler Lucas Biglia tat es Mascherano gleich. Weitere dürften folgen. Auch Messi nach der größten seiner vier WM-Enttäuschu­ngen? Der Star hüllte sich in Schweigen. Auf den Tag genau zwölf Jahre nach Messis erstem WM-Aus, bei dem er im Viertelfin­ale gegen Deutschlan­d mit 18 Jahren hilf- und tatenlos das Ende im Elfmetersc­hießen gegen den Gastgeber ertragen musste, war er am Samstag im Pulk seiner Mitspieler im Bus verschwund­en. Kein Wort nach dem 3:4 im Achtelfina­le gegen den starken Vizeeuropa­meister Frankreich. Vor zwei Jahren hatte Messi nach dem verlorenen Finale der Copa América noch im Stadion seinen Rücktritt erklärt, später machte er die Entscheidu­ng rückgängig.

Zweimal WM-Viertelfin­ale (2006, 2010), einmal Finale (2014) und Achtelfina­le (2018), sechs Tore in 19 Einsätzen, kein Treffer in einer K.o.-Phase. Messis WM-Bilanz ist ernüchtern­d, auch, weil Argentinie­n selten einen fähigen Coach hatte. Acht Trainer verschliss die Generation Messi, der umstritten­e Jorge Sampaoli übernahm den Posten erst vor einem Jahr. Über einen Rücktritt wollte der 58-Jährige, dessen Vertrag bis 2022 gültig ist, nicht reden. Doch die Probleme sind offenkundi­g: Die WM-Qualifikat­ion schaffte Argentinie­n nur mit größter Mühe und einem Messi-Dreierpack gegen Ecuador. Ein Testspiel gegen Spanien ging 1:6 verloren. Sampaoli sah sich in der Vorbereitu­ng Belästigun­gsvorwürfe­n ausgesetzt, Stammkeepe­r Sergio Romero fiel verletzt aus. Und gegen Frankreich zeigte die Abwehr erneut, dass sie nicht titeltaugl­ich ist.

Pogba, Matuidi (75. Tolisso) – Mbappe (89. Thauvin), Griezmann (83. Fekir) – Giroud. – Argentinie­n: Armani – Mercado, Otamendi, Rojo (46. Fazio), Tagliafico – Mascherano – E. Pérez (66. Agüero), Banega – Pavon (75. Meza), Messi, di Maria. – Tore: 1:0 Griezmann (13./Foulelfmet­er), 1:1 di Maria (41.), 1:2 Mercado (48.), 2:2 Pavard (57.), 3:2/4:2 Mbappe (64./68.), 4:3 Agüero (90.+3) – Zuschauer: 42 873 (ausverkauf­t).

 ?? FOTO: DPA ?? Steht in der Kritik: Argentinie­ns Trainer Jorge Sampaoli.
FOTO: DPA Steht in der Kritik: Argentinie­ns Trainer Jorge Sampaoli.

Newspapers in German

Newspapers from Germany