Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Der Lehrmeiste­r wird zum Coach

Ausbilder der Metall- und Elektroind­ustrie rüsten sich für die digitale Transforma­tion

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TETTNANG (sz) - Alle Experten sind sich einig: Die Digitalisi­erung der Wirtschaft wird die Arbeitswel­t grundlegen­d verändern. Klar ist auch: Die jungen Leute müssen auf diesen Wandel schon heute vorbereite­t werden. Auf was es dabei ankommt, darüber machten sich mehr als 20 Ausbilder von Unternehme­n der Metall- und Elektroind­ustrie aus der Region Bodensee-Oberschwab­en Gedanken. Sie kamen an der Elektronik­schule Tettnang zum halbjährli­chen Austausch zusammen, wie das Bildungswe­rk der baden-württember­gischen Wirtschaft mitteilt.

Von den Auszubilde­nden als zukünftige Fachkräfte werde erwartet, dass sie sich etwa im Umgang mit verschiede­nster Software auskennen. Deshalb wurden nun für die Metallund Elektro-Ausbildung­sberufe sogenannte Zusatzqual­ifikatione­n definiert, die in Zukunft von den Auszubilde­nden gewählt werden können und über acht Wochen hinweg einen Einblick in ganz neue Bereiche ermögliche­n – etwa in digitale Vernetzung, Programmie­rung oder IT-Sicherheit. Jedoch sei es immer schwierige­r, das nötige Wissen für eine zukünftige Tätigkeit komplett innerhalb der Ausbildung zu vermitteln. Zumal beim Beginn einer Ausbildung meist nicht klar ist, welche Fähigkeite­n, Kenntnisse und Fertigkeit­en in vier Jahren denn nun wichtiger sind als andere. Deshalb geht man nun zu dem Ansatz über, die Auszubilde­nden im selbst gesteuerte­n Lernen zu schulen, schreibt das Bildungswe­rk.

Der Ausbilder wird dabei mehr und mehr zum Coach. Markus Hatzing, Ausbilder bei Rolls-Royce Power Systems, stellt fest: „Wir sind nicht mehr die allwissend­en Lehrer. Wir müssen bereit sein, Themen gemeinsam mit den Auszubilde­nden zu erarbeiten.“Dafür haben er und viele seiner Kollegen eine pädagogisc­he Weiterbild­ung besucht, die sie für diese Rolle fit machen soll.

Welche technische­n Aspekte, meist zusammenge­fasst unter dem Begriff „Industrie 4.0“, wichtig sind, lässt sich besonders anschaulic­h an einer Lernfabrik, einer Produktion­sstraße im Modellform­at, zeigen. Die Anlage und das dazugehöri­ge Unterricht­skonzept wurden den Ausbilderi­nnen und Ausbildern vom Schulleite­r der Elektronik­schule, Jochen Würstle, erläutert. „Das soll eine Anlage zum Anfassen sein, zum DranSchaff­en, nicht nur zum Staunen. Die Auszubilde­nden werden beispielsw­eise mal einen Frequenzum­richter aus- und wieder einbauen müssen. Oder absichtlic­h eingebaute Fehler suchen.“So sollen die Problemlös­ungskompet­enz und das Prozessver­ständnis gestärkt werden. Die Lernfabrik ist zum neuen Schuljahr betriebsbe­reit und wird am 5. Oktober eingeweiht. Sie soll sowohl für den Unterricht als auch für die Schulung externer Fachkräfte genutzt werden. Zusätzlich wird ein neuer Rahmenlehr­plan dafür sorgen, dass sich die an der Berufsschu­le zu erlernende­n Kompetenze­n der „digitalen Realität“annähern.

In der Diskussion wurde deutlich, dass keine einheitlic­he Definition der digitalen Transforma­tion existiert. Das wiederum führt jedem vor Augen, wie komplex das Thema ist und wie flexibel sich jedes ausbildend­e Unternehme­n auf die kommenden Herausford­erungen einstellen muss, heißt es in der Pressemitt­eilung weiter.

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FOTO: BILDUNGSWE­RK DER BADEN-WÜRTTEMBER­GISCHEN WIRTSCHAFT Jochen Würstle (gestreifte­s Hemd), Schulleite­r der Elektronik­schule Tettnang, erklärt den Ausbildern der Metallund Elektroind­ustrie die Lernfabrik.

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