Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Es ist auch ein Sozialprojekt“
Alexander Mayer vom „Bürgerbus Neukirch“spricht über die große Bedeutung des Projekts
NEUKIRCH - Der Bürgerbus in Neukirch startet bald. Die ersten Fahrgäste aus Neukirch haben die ehrenamtlichen Fahrer schon im Testbetrieb transportiert. Das Projekt inklusive Vereinsgründung ist quasi in Rekordzeit auf die Strecke gebracht worden. Offiziell wird das Fahrzeug dann am Donnerstag, 12. Juli, um 14 Uhr bei einer Feier rund ums Haus Silvester eingeweiht. SZ-Redakteur Mark Hildebrandt hat mit dem Vorsitzenden des Vereins „Bürgerbus Neukirch“, Alexander Mayer, gesprochen.
Der Neukircher Bürgerbus ist von vornherein als sozialer Fahrdienst geplant worden. In anderen Gemeinden hat es umfangreiche Befragungen in der Bevölkerung gegeben, Der Verein hat sich sehr schnell auf dieses Modell festgelegt. Warum?
Das war uns allen sehr schnell klar. Neukirch hat eine große Fläche, wo sich ein fester Fahrplan mit Bushaltestellen einfach nicht gelohnt hätte. In Städten funktioniert das vielleicht. Deswegen konnte es nur ein sozialer Fahrdienst sein. Außerdem wollten wir gerade älteren Fahrgästen mit Problemen beim Gehen nicht zumuten, dass sie erst zu einer Haltestelle gehen müssen. Davon gibt es ohnehin nicht in jedem Weiler eine, teils sind es auch Einzelgehöfte. Deswegen holen wir die Fahrgäste an der Haustür ab und bringen sie beispielsweise direkt in die Arztpraxis oder tragen die Einkäufe bis zur Haustür. Es ist in dieser Hinsicht auch ein Sozialprojekt.
Sie haben recht schnell ein passendes Fahrzeug gefunden. Ein Glücksfall ...
Freilich gehört Glück dazu. Aber wir haben natürlich auch gezielt gesucht. In diesem Fall ist es ein gebrauchter VW Caddy in sehr gutem Zustand, der bereits eine Vorrichtung für Rollstuhlfahrer hat. Der Verkäufer hätte das Auto sonst zurückbauen müssen. Für uns passte das. Deswegen haben wir das Auto relativ günstig bekommen - insbesondere wenn man sieht, wie teuer der Einbau einer solchen Vorrichtung ist. Da wir uns nur durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Sponsoren finanzieren, war das natürlich toll. Schließlich sind die Fahrten für die Fahrgäste kostenlos.
Wer darf mitfahren?
Grundsätzlich alle Menschen, die auf mobile Hilfe angewiesen sind. Vorrangige Zielgruppe sind ältere und alte Fahrgäste und Menschen mit Behinderung.
Wie sind denn die ersten Rückmeldungen?
Sehr positiv. Natürlich sind wir gerade erst gestartet, aber der Betrieb läuft. Wir haben auch großen Zulauf im Verein. Man merkt, dass es da eine Lücke gegeben hat, die wir jetzt füllen. Das ist auch in den Gesprächen mit der Gemeinde klar geworden. Bürgermeister Schnell war ein wesentlicher Ideengeber und hat die Initiative von Beginn an sehr stark unterstützt. Die Gemeinde finanziert das Fahrzeug auch, was ein tolles Signal ist. Was mich besonders freut ist, dass wir recht schnell ausreichend viele Fahrer hatten, um erst mal starten zu können.
Wie viele Mitglieder und Fahrer hat der Verein denn schon?
Mittlerweile haben wir schon über 100 Mitglieder, die einen Mindestjahresbeitrag von zehn Euro bezahlen, häufig sogar mehr. Den Löwenanteil, da sprechen wir von annähernd 3000 Euro im Jahr bringen aber die Sponsoren auf. Das sind die Sparkasse und die Volksbank, Strauß Fuhrunternehmen, A+R Textil sowie das Regionalwerk. Und Auto Beck kümmert sich um die Wartung des Fahrzeugs. Wir haben also viele Unternehmen aus Neukirch und Umgebung an Bord.
Wie kommt es zu dieser hohen Resonanz?
Es ist ja eine gemeinsame Initiative der Gemeinde Neukirch und des im April gegründeten Vereins. Aufgabe des Vereins ist der Fahrdienst. Er stellt die ehrenamtlichen Fahrer und organisiert den Betrieb. Durch die Gemeinsamkeit entsteht ein WirGefühl, und zwar bei Jung und Alt. Eine schöne Aussage einer jungen Neukircherin, die Mitglied im Verein geworden ist, sie freue sich sehr auf den Bus. Jetzt komme ihre Oma wieder mehr raus, bekomme neue Kontakte und sei nicht mehr ganz so allein. Ich denke, solche Worte sagen sehr viel aus.
Muss ich als Fahrer irgendetwas Besonderes können? Brauche ich beispielsweise einen Personenbeförderungsschein?
Man muss mindestens 23 Jahre alt sein und einen gültigen Führerschein haben. Und man muss anderen Menschen helfen wollen. Das reicht eigentlich schon aus.
Offiziell startet der Bürgerbus Neukirch am Donnerstag, 12. Juli, um 14 Uhr mit einem Festakt rund ums Haus Silvester. Fahrzeug und Fahrer stehen immer dienstags und mittwochs von 8 bis 16 Uhr
an Hockstuben-Terminen zwischen 12 und 18 Uhr. Die Anmeldung muss immer einen Tag vor der gewünschten Fahrt unter der Telefonnummer 07528 / 920 92 30 erfolgen.