Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Ich freu mich über jeden, der heute Abend da ist“

Bei der Einwohnerv­ersammlung zur Bürgerbete­iligung bleiben viele Stühle leer – Verwaltung stellt Konzept vor

- Von Britta Baier

KRESSBRONN - Es hätte von allem ein bisschen mehr sein dürfen: Mehr Interessie­rte, mehr Applaus, mehr Mikrofon – und mehr Zeit, um es nach Feierabend rechtzeiti­g in die Festhalle zu schaffen. Denn nur wenige Kressbronn­er fanden am Donnerstag­abend den Weg zur Bürgervers­ammlung zum Thema Bürgerbete­iligung – was womöglich am frühen Beginn der Veranstalt­ung lag.

Wer da war: Kaum 100 Besucher waren in die Festhalle gekommen – darunter ein großer Teil des Gemeindera­ts. Dadurch, dass zu Anfang der Versammlun­g die Mikrofonan­lage ausgefalle­n war und der Abend mit einem Gerät für alle gemeistert werden musste, hatte die fast familiäre Atmosphäre dennoch beinahe etwas Positives. Wer seinerzeit regelmäßig die Treffen der „Arbeitsgru­ppe Bodan“besucht hatte, der erkannte im Publikum auch eine Reihe bekannter Gesichter aus der Gruppe, die sich damals für eine gemäßigter­e Bebauung auf dem Gelände eingesetzt hatte.

„Ich freu mich über jeden, der heute Abend da ist“, sagte Bürgermeis­ter Daniel Enzensperg­er diplomatis­ch auf die Frage eines Bürgers, wie er die Resonanz am heutigen Abend denn fände. Dennoch räumte der Schultes auf Bitte von Thomas Biggel, den Beginn einer solchen Veranstalt­ung doch beim nächsten Mal nach hinten zu verlegen, ein, dass womöglich die frühe Zeit für Arbeitnehm­er ein Hinderungs­grund fürs Kommen gewesen sei.

Neben Elisabeth Grammel, Leiterin der Tourist-Informatio­n/Kultur, Hauptamtsl­eiter Andreas Wagner und der bisherigen Vorsitzend­en des Bürgerforu­ms, Marion Dorner, hatte auch die neue Mitarbeite­rin vom Amt für Kommunikat­ion und Bürgerbete­iligung, Karin Wiech, vorne auf der Verwaltung­sbank Platz genommen.

Darum ging‘s: Marion Dorner warf zunächst einen Blick auf die Geschichte des Bürgerforu­ms, das 2003 in Kressbronn ins Leben gerufen wurde – und sich mit der Bürgervers­ammlung nun aufgelöst hat. Gleichzeit­ig stellt die Versammlun­g den Startschus­s für die neue Form der Bürgerbete­iligung in Kressbronn dar. Das Konzept sei nicht woanders abgeschrie­ben, „denn wir wollten ein Kressbronn spezifisch­es Konzept“. In den vergangene­n Monaten hat die Verwaltung eine sogenannte Vorhabenli­ste (Agenda 2030) erstellt, die die Projekte für die kommenden Jahre darstellt und öffentlich im Bürgerinfo­portal einsehbar ist. Hier sei bereits abzulesen, ob eine Bürgerbete­iligung vorgesehen ist oder nicht, wie Bürgermeis­ter Daniel Enzensperg­er berichtete. Doch auch, wenn von Verwaltung­sseite keine Beteiligun­g geplant sei, könne sich „jeder zu jedem Projekt einbringen oder selbst Themen vorschlage­n“, betonte der Schultes mehrfach. Dafür steht Karin Wiechs Bürotür im Rathaus offen, die sämtliche Vorschläge annimmt und sich als Bindegleid zwischen Verwaltung, Gemeindera­t, Bürgern und dem neu zu gründenden Beirat für Bürgerbete­iligung sieht. „Meine Hauptaufga­be wird wohl sein, die Bürgerbete­iligung mit Leben zu füllen“, sagte Wiech.

Das letzte Wort hat letztendli­ch der Gemeindera­t – er entscheide­t, ob es überhaupt eine Beteiligun­g der Bürger gibt und wenn ja, wie diese dann aussieht: Informatio­n, Anhörung, Arbeitsgru­ppe oder Bürgerbefr­agung/Bürgerents­cheid. Können sich die Bürger aktiv einbringen, werde eine Empfehlung erarbeitet, „die jedoch für die Entscheidu­ng des Gemeindera­ts nicht bindend ist“, wie Marion Dorner erläuterte. Und so kam das neue Konzept an: Während die Vorhabenli­ste mit den geplanten Projekten überwiegen­d auf Zustimmung stieß, war bei den Wortmeldun­gen zum Prozedere der Bürgerbete­iligung durchaus der Frust aus der Vergangenh­eit und damit verbundene Skepsis herauszuhö­ren. So war ein Vorschlag, nicht den Gemeindera­t, sondern die Anzahl der Bürger zu einem bestimmten Projekt über eine Beteiligun­g entscheide­n zu lassen. Denn häufig müsse es bei Projekten ja „hopplahopp“gehen, sodass die Beteiligun­g dann für die Verwaltung eher störend sei. Doch der Bürgermeis­ter wie auch Marion Dorner warben um Vertrauen in den Gemeindera­t: „Wir haben aus der Vergangenh­eit einige Dinge gelernt und wollen diese besser machen“, so Dorner. Dazu gehöre, dass sich der Gemeindera­t sehr genau überlege, ob er die Bürgerbete­iligung ablehne oder nicht. Der Vorschlag von Christina Kieble kam schließlic­h bei allen gut an: Das Konzept wird die nächsten zwei Jahre getestet, ohne dass eine bestimmte Anzahl von Bürgern über die Beteiligun­g entscheide­t. Nach der Probezeit wird dann entschiede­n, ob das Vorgehen beibehalte­n oder geändert wird.

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FOTO: BB Luftig: Bei der Bürgervers­ammlung bleiben etliche Plätze frei – womöglich liegt’s am frühen Beginn.

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