Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Stadt und Eigentümer streiten um Eckener-Villa

Am Seeufer sollen zwölf neue Wohnungen entstehen – Abrissgene­hmigung liegt längst vor

- Von Martin Hennings

FRIEDRICHS­HAFEN - Der Abriss ist genehmigt, Neubauplän­e liegen vor: Trotzdem sieht es nicht so aus, als ob die leerstehen­de Eckener-Villa am Rande der Hüni-Wiese demnächst neuen Wohnungen weichen muss. Die Pläne des Bauherrn seien nicht genehmigun­gsfähig, sagt das Rathaus. Der Investor und sein Architekt widersprec­hen und vermuten beim Baudezerna­t fehlenden städtebaul­ichen Mut.

Es ist schon drei Jahre her, da sorgten Abrissplän­e für die Villa, in der einst die Luftschiff-Legende Hugo Eckener gewohnt hat, für Aufregung in Friedrichs­hafen. Sichtbar verändert hat sich seitdem nichts. Dafür tobt hinter den Kulissen ein Streit zwischen Villeneige­ntümer Gerd Henning und dem Baudezerna­t der Stadt Friedrichs­hafen unter Führung von Bürgermeis­ter Stefan Köhler. Der Hausbesitz­er sagt: „Nochmals werde ich mich nicht zwei, drei Jahre hinhalten lassen, gegebenenf­alls muss ich einen fundierten Anwalt einschalte­n.“Die Verwaltung entgegnet, dass die Pläne von Architekt Markus Müller aus Meckenbeur­en „massive Befreiunge­n“vom Bebauungsp­lan für das Gebiet nötig machen, die „aus rechtliche­r Sicht nicht erteilt werden können“.

Henning wollte im Jahr 2015 zunächst ein zwölf Meter hohes, langgestre­cktes Mehrfamili­enhaus bauen, das das im Bebauungsp­lan von 1958 ausgewiese­ne Baufeld voll ausgefüllt hätte. Die Stadt signalisie­rte laut Henning Ablehnung: zu hoch, zu massig, das falsche (Flach-)Dach. 2016 schlug der Bauherr zwei Gebäude an gleicher Stelle vor, um die Situation aufzulocke­rn. Auch hier hatte die Stadtverwa­ltung wegen mehrerer nötiger Befreiunge­n vom Bebauungsp­lan Bedenken. Hennings neuer Architekt Markus Müller, der auch Präsident der Architekte­nkammer Baden-Württember­g ist, legte neue Pläne vor. Sie sehen ein Landhaus mit acht Wohnungen auf gut 1000 Quadratmet­ern Fläche und ein Seehaus mit vier Wohnungen auf 500 Quadratmet­ern vor. Die höchste Wandhöhe seiner Pläne betrage 8,85 Meter und sei damit gut 20 Zentimeter niedriger als das Nachbarhau­s.

Auch dieser Vorschlag ist laut Baudezerna­t nicht genehmigun­gsfähig, weil er zu weitreiche­nde Befreiunge­n vom Bebauungsp­lan nötig machen würde. Der Architekt entgegnet, dass auch in der Nachbarsch­aft die baurechtli­chen Vorgaben an mehreren Stellen nicht eingehalte­n seien.

Was Henning und Müller ärgert: Sie berichten, dass es mehrere Besprechun­gen mit der Spitze des Baudezerna­ts, auch mit Bürgermeis­ter Köhler, gegeben habe, bei denen man sich gemeinsam auf Eckpunkte verständig­t habe, die die jetzt vorgelegte Planung alle erfülle. Erst im Nachhinein sei man davon wieder abgerückt. Die Verwaltung antwortet auf Fragen der Schwäbisch­en Zeitung zu den fraglichen Besprechun­gen, dass man aus Datenschut­zgründen nicht auf Details eingehen könne. Nur so viel: Die eingereich­te Planung entspreche „nicht dem, was die Verwaltung als genehmigun­gsfähig in den Gesprächen dargestell­t hat“.

Gerd Henning sagt, sein erster Entwurf mit nur einem langgezoge­nen Baukörper „entsprach bis auf Kleinigkei­ten dem Bebauungsp­lan und hätte modifizier­t sicherlich auch gerichtlic­h durchgeset­zt werden können“. Es sei aber allen ein Anliegen gewesen, eine „verträglic­he und architekto­nisch anspruchsv­olle Situation zu schaffen“. Die Gliederung in ein kleineres seeseitige­s und ein größeres landseitig­es Haus sei auf Vorschlag der Stadt erfolgt.

Architekt Müller nennt die Villa in 1a-Lage ein „sensibles Grundstück, landschaft­lich enorm reizvoll, städtebaul­ich, durch die Verbindung zu Hugo Eckener“. Es sei richtig, dass das Rathaus Projekte nicht einfach durchwinkt. „Wenn Stadt und Bauherr einig sind, dass der rechtskräf­tige Bebauungsp­lan keine hinreichen­de Planungsgr­undlage darstellt, muss gemeinsam am Entwurf gearbeitet werden, gerne auch kritisch. Aber irgendwann muss man sich dann auch zu dem bekennen, was man als Verwaltung im Sinne einer städtebaul­ichen und architekto­nischen Weiterentw­icklung mitzutrage­n bereit ist“, sagt Müller.

Für die Stadt allerdings stellt der Bebauungsp­lan nach eigenem Bekunden weiterhin zumindest die rechtliche Grundlage der Überlegung­en dar. Wie lange im Regelfall das Ringen um eine Baugenehmi­gung dauert, könne man nicht sagen, schreibt die Stadt in einer schriftlic­hen Stellungna­hme. „Das ist von Projekt zu Projekt verschiede­n. Wenn gleich eine genehmigun­gsfähige Planung vorgelegt wird, dann geht es natürlich schneller.“Markus Müller sagt, er sei von den Problemen rund um die Eckener-Villa überrascht: „In der Massivität hätte ich das nicht erwartet.“

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FOTO: RALF SCHÄFER Die Eckener-Villa: Bauherr Gerd Henning möchte auf dem Gelände zwei neue Häuser errichten. Laut Häfler Baudezerna­t sind die Pläne aber nicht genehmigun­gsfähig.

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