Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Schad: „Wir machen uns ernsthaft Sorgen“
Niederschlagsarmes Frühjahr setzt Neuravensburger Weiher weiter zu – Was der Ortschaftsrat zur Rettung plant
NEURAVENSBURG - Es ist ein Kreislauf, der immer prekärer wird: Die zunehmende Verlandung des Neuravensburger Weihers schreitet voran. Die größte Wangener Ortschaft fürchtet eine ökologische Katastrophe und will um ihren Weiher – neben der Burg das Wahrzeichen Neuravensburgs – kämpfen. Einstimmig sprach sich der Ortschaftsrat dafür aus, den beliebten Bade- und Naherholungsweiher auf die Prioritätenliste der Stadt Wangen zu setzen und ihn zu sanieren.
„In diesem Jahr ist das Problem wieder offenkundiger geworden“, erzählt Neuravensburgs Ortsvorsteher Hermann Schad. Niederschlagsarm und warm hat sich das Frühjahr in die Geschichtsbücher eingetragen. Hinzu kam eine ungewöhnliche starke Blüte von Obstbäumen und Wald. Nicht nur Straßen und Plätze waren von Blütenstaub bedeckt, sondern auch die Wasseroberfläche. Die beiden Zuläufe Zipfelbach (von Engetsweiler her kommend) und Moosbach (von Roggenzell her kommend) brachten weniger Wasser als sonst üblich. Die Algen wuchsen. Nicht zuletzt aufgrund der höheren Temperaturen.
Laut Schad hat der Neuravensburger
Weiher ohnehin schon „ungünstige
Randbedingungen“. Anders ausgedrückt: Er besitzt ein sehr großes Einzugsgebiet, das zum Großteil landwirtschaftlich genutzt wird. Hinzu kommen moorige Böden, die Phosphate aus der Düngung schlecht zurückhalten. „Wir haben eine hohe Nährstoffzufuhr“, bestätigt Schad und sagt im nächsten Zug: „Ohne den Weiher würde sie in den Bodensee gelangen.“Der Weiher wurde bereits um 1200 zur Fischzucht angelegt. Sein „natürliches Schicksal“wäre die Verlandung, also die natürliche Auffüllung mit Sediment aus den Zuflüssen. „Die Auswirkungen der Verlandung werden immer größer“, verdeutlicht Schad seine Beobachtungen.
Ganz grob gesagt bedeutet dies: Die nährstoffreichen Sedimente werden mehr, die Wassertiefe nimmt ab. Im wärmeren Wasser bilden sich noch mehr Algen, deren Wachstum die Düngung fordert, was wiederum spätestens im Herbst noch mehr Sedimente bedeutet. „Wir haben im Neuravensburg teilweise Schlammtiefen zwischen 120 und 150 Zentimetern, die sich im Laufe von Jahrzehnten aufgebaut haben.“Sie konnten bei der letzten Winterung 2016/17 gemessen werden. Nicht zuletzt durch diese Mengen werden die Effekte immer stärker. Der Klimawandel tut sein Übriges. Die Gefahr des explosionsartigen Algenwachstums und in der Folge eines Sterbens größerer Lebewesen wie Fischen steigt. „Auch in Neuravensburg kann es zum Umkippen des Weihers kommen“, glaubt Schad. So weit wollen es der Ortsvorsteher und seine Ortschaftsräte aber erst gar nicht kommen lassen.
Kosten nicht kalkulierbar
„Wenn wir den Weiher langfristig erhalten wollen, kommen wir an einer Sanierung nicht vorbei“, sagt Schad. Die althergebrachten Methoden wie Wintern und Sömmern, wenn der Teich trockengelegt wird, um den Boden zu verbessern, sind seiner Meinung nach „gut und recht“, aber längst nicht mehr ausreichend. Schad denkt, dass es ohne Aus- und Abbaggern nicht gehen wird. Was das gegebenenfalls kosten würde? „Ich kann das beim besten Willen nicht kalkulieren“, sagt Schad. Das hinge beispielsweise damit zusammen, ob das Material verwertbar wäre oder bezahlt werden müsse, wie groß die Abtragsmenge wäre und ob das Sanierungsprojekt in einem oder mehreren Schritten umgesetzt würde. „Uns geht es erst einmal darum, dass wir in einen Planungsprozess kommen, wahrnehmen, dass hier eine große Aufgabe ansteht“, sagt Schad. Der Ortschaftsrat hat sich positioniert. Im Weiher baden derzeit wieder täglich jene 30, 40 Leute, die Schad immer wieder ausmacht und die für ihn der Beweis sind, dass das Gewässer beliebt ist: „Wir machen uns ernsthaft Sorgen um den Weiher und wollen ihn als Bademöglichkeit, und als Fischgewässer für die kommenden Generationen erhalten.“
„Wir wollen ihn als Bademöglichkeit, aber auch als Fischgewässer auch für die kommenden Generationen erhalten.“Ortsvorsteher Hermann Schad