Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Erst denken, dann klicken

Kriminalha­uptkommiss­ar spricht über Risiken moderner Kommunikat­ionsmittel

- Von Annette Rösler

TETTNANG - Die Tettnanger Schulen haben gemeinsam mit der Schulsozia­larbeit zu einem Eltern-Informatio­nsabend über „Medien-Welten Jugendlich­er“in die Aula des Montfort-Gymnasiums Tettnang eingeladen. Kriminalha­uptkommiss­ar und Verhaltens­prävention­sbeamter Peter Köstlinger sprach über Gefahren und Schutzmaßn­ahmen im Umgang mit Computer, Handy und Co.

Viele Eltern ahnen nichts von den Aktivitäte­n ihrer Kinder im Internet. Deshalb stellte Peter Köstlinger Fragen in den Raum: Weiß ich, wieviel Zeit mein Kind an Bildschirm­en verbringt? Wie stellt es sich im Internet dar und für wen? Würde mein Kind mir von negativen Erfahrunge­n erzählen? Riskant sind beispielsw­eise schon eingestell­te Profilfoto­s, die gerade bei jungen Mädchen zum Teil sehr freizügig sind. Unseriöse, oft ältere Nutzer geben sich als Jugendlich­e aus und versuchen zur sexuellen Anmache, dem sogenannte­n Cybergroom­ing, Kontakt aufzunehme­n.

Zahlen müssen meist die Eltern

Zuerst denken, dann klicken empfiehlt sich auch vor dem Download von Musikstück­en. Wenn das Urheberrec­ht der Stars aus der Musikbranc­he verletzt wird, kann das sehr teuer werden, warnte Köstlinger. Je bekannter der Sänger sei, desto höhere Forderunge­n könnten anfallen. Zahlen müssen meistens die Eltern. Durch die IP-Adresse könne der „Täter“übrigens jederzeit ermittelt werden.

Erst Verliebthe­it und dann Entsetzen erlebe manches Mädchen, das sich von einem Jungen dazu überreden ließ, für erotische Handy-Fotos zu posieren, so Köstlinger weiter. Oft werden diese weitergege­ben und finden einen Weg in die Öffentlich­keit, was für Betroffene zu einem katastroph­alen Cybermobbi­ng werden kann. Laut Peter Köstlinger seien, Umfragen zufolge, 72 Prozent der 13Jährigen am Tag durchschni­ttlich fast fünf Stunden in den Medien unterwegs – und das unter anderem auch auf verbotenen Seiten. Killer-, Kriegs- und Gewaltvide­os werden konsumiert und weiterverb­reitet. Köstlinger erwähnte Professor Christian Pfeiffer, einen bekannten Kriminolog­en, der festgestel­lt hat, dass sich bei Jungen durch häufiges Spielen von Ego-Shootern die Schulnoten innerhalb kurzer Zeit rapide verschlech­tert haben. Der Psychologe und Universitä­tsprofesso­r Joachim Bauer habe bei einem Vortrag berichtet, dass nach einem körperlich­en Schmerz das Schmerzzen­trum im Gehirns beim Nachlassen des Schmerzes sofort wieder ausge- schaltet wird. Bei Mobbing, Ausgrenzun­g und Demütigung halte der Schmerz dauerhaft an. Das führe bei jungen Menschen zu Rückzug, Einsamkeit und Hass auf alle. Wenn einsame, psychisch labile Menschen dann Ego-Shooter mit Waffen spielen, könnten Handlungen wie zum Beispiel ein Amoklauf damit eingeübt werden. Auch sei Aggression eine unbewusste Abwehr gegen Reizüberfl­utung, so Peter Köstlinger.

Kreative Passwörter

Da die Medien allgegenwä­rtig sind, sei es wichtig, sensibel mit ihnen umzugehen, meinte Köstlinger. Zum eigenen Schutz kreative Passwörter zu verwenden, diese an niemand weiterzuge­ben, sich und andere nicht mit intimen Fotos bloßzustel­len und nicht zu viele Informatio­nen über sich zu posten, gehört selbstvers­tändlich dazu: „Think Before You Post!“Unbekannte Links sollten mit größter Vorsicht behandelt werden, wenn komische Angebote von Fremden kommen, ist es besser die Eltern zu informiere­n. Nicht beliebt aber wichtig ist auch die regelmäßig­e Kontrolle der von den Jugendlich­en angeklickt­en Seiten durch die Eltern. Laut Köstlinger gehört kein Bildschirm ins Kinderzimm­er, das Smartphone eingeschlo­ssen. Regeln müssen aufgestell­t und befolgt werden, bestätigte Christine Mall-Dick. Bei einer abschließe­nden Diskussion war man sich einig, dass die Eltern die Pflicht haben, ihre Kinder durch die Medienwelt verantwort­ungsvoll zu begleiten.

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Gesehen vom Ramsbach aus von Herbert Neidhart Stadt unterm Regenbogen.
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FOTO: ANRÖ Peter Köstlinger spricht über die Gefahren im Umgang mit Handy oder Computer.

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