Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Der erste Stein ist gefallen
Cristiano Ronaldo war nur der Anfang – die Bundesliga schaut bislang nur zu
FRANKFURT (SID/dpa) - Das Blitzlichtgewitter war gerade erst abgezogen, da war der Weltfußballer auch schon wieder weg. Nach seiner offiziellen Präsentation bei Juventus Turin verließ Cristiano Ronaldo direkt Italien – sein Kurzauftritt im Juve-Trikot wird dennoch gravierende Auswirkungen auf den ohnehin überhitzten Transfermarkt haben. Die Bundesliga spielt dabei bislang nur eine Nebenrolle.
Die Wechselspielchen der Superstars, die Ronaldo mit seinem 112-Millionen-Transfer in Gang gesetzt haben dürfte, kann kaum ein deutscher Club mitmachen. Und der, der es könnte, will auch in diesem Sommer nicht über Gebühr an sein sagenumwobenes Festgeldkonto gehen – sagt zumindest Bayern-Präsident Uli Hoeneß, der damit Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge über den Mund gefahren war.
Die großen Überweisungen werden deshalb – Stand jetzt – die anderen Anwärter auf den Champions-LeagueThron tätigen. Allen voran Real Madrid, das einen Ronaldo-Nachfolger braucht. Der belgische WM-Star Eden Hazard, wohl Real-Favorit und selbst interessiert an einem Wechsel, dürfte jedoch richtig teuer werden. Laut der „Times“verlangt der FC Chelsea über 226 Millionen Euro für WM-Dritten. Genug Geld für die Londoner, um einen Ersatz zu finden.
Außerdem ist da noch Kylian Mbappé, in Russland gerade zum besten Nachwuchsspieler gewählt, der zwar beteuert, beim französischen Spitzenclub Paris St. Germain bleiben zu wollen. Aber was, wenn doch Real oder der FC Barcelona anruft? Oder Pep Guardiola mit ManCity lockt? Paris hat für den 19-Jährigen 180 Millionen Euro gezahlt, ein Weiterverkauf würde wohl einen ordentlichen Gewinn bescheren.
Frankfurt als möglicher Gewinner
Ohnehin wird in Transferperioden nach Weltmeisterschaften gerne viel Geld in die Hand genommen, weil viele Spieler plötzlich im Schaufenster stehen. Vor vier Jahren nach dem deutschen Triumph in Brasilien kamen die Top-Ligen auf Ausgaben von über zwei Milliarden Euro. Heute ist noch mehr Geld im Markt, der 222Millionen-Rekord (Neymar von Barcelona nach Paris) könnte fallen.
Davon könnte, zumindest was das Verkaufen angeht, auch die Bundesliga profitieren. Eintracht Frankfurt etwa wird für Ante Rebic, der erst die Hessen zum Pokalsieg geschossen hatte und dann mit Kroatien ins WMEndspiel einzog, um die 50 Millionen Euro verlangen können. Ein Wahnsinn für den Traditionsclub, der lange nur Bundesliga-Mittelmaß war. Startrainer Jose Mourinho von Manchester United soll für Rebic und Ivan Perisic (Inter Mailand) rund 104 Millionen Euro Ausgaben eingeplant haben.
Die Chancen von Borussia Dortmund, Kroatiens Final-Torschützen Mario Mandzukic von Juventus Turin nach Deutschland zurückholen zu können, stehen laut der „Fußball Bild“hingegen schlecht. Zwar droht dem Vize-Weltmeister bei Juve wegen Ronaldo momentan die Bank, Sturmkollege Gonzalo Higuain ist aber bei Chelsea im Gespräch, wo – wegen Hazard – bald Platz im Angriff sein könnte und soll 60 Millionen Euro kosten. Dann wäre der 32-jährige Kroate in Turin wieder zufrieden.
Die Bundesliga im Zeitvorteil
Deutlich im Wert gestiegen ist auch Stuttgarts Benjamin Pavard, der 2019 aber eine Ausstiegsklausel für etwa 35 Millionen besitzt. „Wir verzichten gerne auf sehr viel Geld, wenn er dafür noch ein weiteres Jahr bei uns spielt“, kommentierte VfB-Sportvorstand Michael Reschke unlängst, will aber zuvor das Gespräch mit dem Jungstar suchen. Dem Vernehmen nach könnten die Schwaben ab einer Summe von 50 Millionen Euro für ihr Tafelsilber schwach werden.
Eine ganz neue Dynamik (und Dramatik) kommt auf die Clubs durch die Entscheidung der englischen Premier League zu, den Laden früher dicht zu machen. Auf der Insel schließt das Transferfenster erstmals am 9. August – und damit deutlich früher als in den anderen Top-Ligen, die bis zum 31. ihr Geld verpulvern dürfen. Die wichtigsten Entscheidungen werden deshalb nicht lange auf sich warten lassen. Eine weitere prominente deutet sich bereits an. Angeblich soll Reals bisheriger Trainer Zinedine Zidane als Sportdirekot bei seinem Ex-Club Juventus gehandelt werden, wo er wieder mit Ronaldo vereint wäre.