Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Viel mehr als Krabben und Küstennebel
Patenschaft der Stadt Friedrichshafen mit dem Marinefliegergeschwader wird 50 Jahre alt
FRIEDRICHSHAFEN - Die Patenschaft der Stadt Friedrichshafen für das Marinefliegergeschwader 3 „Graf Zeppelin“wird 50 Jahre alt und ist damit eine der ältesten und beständigsten in ganz Deutschland. Die Idee hatte die Luftschiffer-Kameradschaft Hamburg, nachdem am 1. Juli 1964 dieses Geschwader aufgestellt worden war und es drei Jahre später den Namen „Graf Zeppelin“erhielt. Das Jubiläum wird beim Seehasenfest gefeiert. Klein, dafür nachhaltig, eben so wie die Patenschaft bislang verlaufen ist und einige Zeitzeugen sich daran erinnern.
Die Luftschiffer schlugen 1967 dem damaligen Oberbürgermeister Friedrichshafens, Max Grünbeck, diese Patenschaft vor. Das Geschwader hatte den Namen des Grafen bekommen, weil der Standort Nordholz im ErstenWeltkrieg der bedeutendste und größte Standort der Marine-Luftschiffer war. Der Häfler Gemeinderat befand damals diese Idee gut und beschloss noch im September 1967 die Übernahme der Patenschaft. Immerhin, so die damalige Begründung, sei an diesem Standort vieles für die Weiterentwicklung der Luftschiffe in Friedenszeiten getan worden, und selbst Hugo Eckener sei dort Ausbilder gewesen. Einige der später berühmten zivilen Luftschiffkapitäne seien in Nordholz ausgebildet worden. Darunter Lehmann, von Schiller und Flemming. Und dessen Sohn, der Erste Bürgermeister Friedrichshafens, Jürgen Flemming, war nicht nur sehr enga- gierter Befürworter der Patenschaft, sondern hat sich maßgeblich auch darum gekümmert. Schon im Juli 1968 kam eine erste Delegation aus Nordholz zum Seehasenfest, um im Zuge dieses Kinder- und Heimatfestes die Patenschaftsurkunde zu unterzeichnen.
Der seit 2015 amtierende Geschwaderchef, Jörg Matthée, äußerst sich ebenfalls in höchsten Tönen und mit größter Begeisterung über diese unvergleichlich solide und lebendige Patenschaft. Als junger Kapitänleutnant, so erinnert sich der heutige Kommodore, war er vor über 20 Jahren das erste Mal im Rahmen des Seehasenfestes in Friedrichshafen und war „schlichtweg erschlagen von der Herzlichkeit der Häfler. Friedrichshafen gehört zu den Marinefliegern. Beide Seiten teilen die Geschichte der Zeppeline“, sagt er. Die Marineflieger werden in diesem Jahr mit drei Flugzeugen anreisen. „Nachdem wir vor fünf Jahren, an- lässlich des 100. Jahrestages der Marineflieger, ein Flugzeug des Typs Orion auf den Namen „Friedrichshafen“getauft haben, freuen wir uns in diesem Jahr, gleich mit drei verschiedenen Flugzeugen vor Ort präsent zu sein“, schildert Jörg Matthée.
Walter Brezel und Wolfgang Sigg, zwei Zeitzeugen und Akteure der Patenschaft, erinnern sich. „Trotz der Auslandseinsätze, trotz der wechselnden Geschwaderführungen, die alle zwei bis drei Jahre eine neue Person brachte und trotz der großen Entfernung hat die Patenschaft gehalten und ist stets ausgebaut worden“, erzählt Walter Brezel. Es hat in der Tat keinen Kommodore des Geschwaders gegeben, der die Patenschaft nicht unterstützt hätte. Die Patenschaft funktioniert auch im 50. Jahr ihres Bestehens. „Seit 1985 sind die Marineflieger auf dem Seehasenfest vertreten“, sagt Wolfgang Sigg. Und die, die dort mitmachen, haben nicht nur Dienst geschoben, sie haben Freundschaften entwickelt und sind mitunter auch privat mit Friedrichshafen verbunden. „Teilweise sind ehemalige Mitglieder der Marineflieger jetzt hier am See wohnhaft. Und in Bremerhaven gibt es einen Schnapsladen, der Brände vom Bodensee führt“, erzählt Wolfgang Sigg.
Die Namen derer aufzuzählen, die an dieser Patenschaft mitgewirkt haben, würde viel Platz benötigen. Die Patenschaft hat Dynamik und Fahrt entwickelt, sie funktioniert besser als die ein oder andere Städtepartnerschaft. Im Laufe der Zeit sind private Kontakte entstanden, Vereine haben sich eingeschaltet und die Patenschaft mit Leben gefüllt.
Allen voran sind da die Ettenkircher zu nennen, „hier liegt wohl auch die Wiege der Patenschaft“, sagt Brezel. Bei größeren Veranstaltungen in Ettenkirch sind oft Vertreter aus Nordholz dabei, der Musikverein und die Sportler haben enge Freundschaften zu den Norddeutschen entwickelt.
Und das Häfler Seehasenfest ist ohne die Marineflieger auch nicht mehr vorstellbar. Sie haben dort seit 1987 einen Stand, bieten neben Küstennebel auch Krabben- und Fischbrötchen an und spenden die Erlöse an soziale Einrichtungen und Vereine. Auf diese Art sind im Laufe der Zeit gut 40 000 Euro für soziale und mildtätige Zwecke gespendet worden.