Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Stadt muss Poller in der Tobelstraße abbauen
Gemeinderat stimmt für unechte Einbahnstraße – Stadträtin Lund beklagt „unflätigen“Brief eines Bürgers
TETTNANG - Die Tobelstraße wird wieder zur Seestraße hin geöffnet. Allerdings mit einer Einschränkung: Der Verkehr darf nur stadtauswärts rollen. Diese Lösung nennt sich unechte Einbahnstraße und wurde von der CDU-Fraktion vorgeschlagen. Doch auch wenn die Poller bald weg kommen, dürfen noch lange nicht alle Autos durch die Straße fahren.
Eigentlich hatte sich die Stadtverwaltung das anders vorgestellt. Als 2017 in der Karlstraße gebaut wurde, sind zwei Poller am Ende der Wohnbebauung installiert worden, um Ausweichverkehr zu vermeiden. Vielen Anwohnern gefiel die Verkehrsberuhigung und die Stadt konnte sich auch langfristig damit anfreunden. Das wollte sie jetzt in einem Antrag festigen. Doch CDU und FDP hielten dagegen. Sie hatten Angst, einen Präzedenzfall zu schaffen und verglichen die Straße mit anderen Wegen in der Stadt „Zwar werden manche Abschnitte entlastet, aber eben andere auch mehr belastet“, sagte Manfred Ehrle (CDU). Außerdem sagte er: „Es ist ein sanfter Druck auf den Gemeinderat ausgeübt worden.“Bürgermeister Bruno Walter widersprach. „Die Entscheidung der Verwaltung basierte nicht auf Druck der Anwohner, sondern auf Fakten“, sagte er. Er verwies darauf, dass die Straße eine „AnliegerFrei“-Regelung habe. Das bedeutet, dass nur Menschen, die an der Straße wohnen oder dort jemanden besuchen sowie zum Beispiel Paketboten in die Straße hineinfahren dürfen. Aber, so Walter: „Schilder sind da, um nicht beachtet zu werden.“Gerhard Brugger (FDP) sagte: „Wenn man die einen entlastet, dann belastet man die anderen. Das spaltet die Bürgerschaft. Eine Sackgasse ist wie eine Thrombose in der Blutbahn – das führt zum Kollaps.“Er plädierte für eine unechte Einbahnstraße, deren Erfolg man nach einem Jahr bewerten könne.
Karl-Josef Aicher (Grüne) wünschte sich, die heutige Situation mit den Pollern beizubehalten. „Die anderen Straßen sind in der Lage, die Kapazität aufzunehmen“, sagte er. Ausweichrouten könne man außerdem eher noch mit einem Tempolimit belegen, um mehr Sicherheit zu erreichen. Peter Gaissmaier (Freie Wähler) sprach sich ebenfalls für die Beibehaltung der Poller aus. „Es ist kein Präzedenzfall, weil es schon vor der Baumaßnahme eine Anliegerstraße war“, sagte er.
Überraschend durfte Fritz Tauscher (CDU) nicht an der Abstimmung teilnehmen. Bürgermeister Bruno Walter erklärte ihm, dass er durch ein Verwandschaftsverhältnis befangen sei. Dies bestehe zu Anrainern der Straße Rebhalde, die von der Tobelstraße abzweigt. In der Abstimmung scheiterte die Stadt schließlich mit ihrem Vorhaben. Neun Gemeinderäte stimmten für den Beibehalt und neun dagegen. Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt. Direkt im Anschluss stimmten die Gemeinderäte über die unechte Einbahnstraße ab, wie sie die CDU vorgeschlagen hatte. Dieser Antrag wurde mit 13 zu fünf Stimmen angenommen.
Susanne Lund (Grüne) äußerte sich außerdem über einen persönlichen Angriff. Demnach sei sie von einem Mitbürger im Vorfeld auf „sehr unflätige Weise“angeschrieben worden. In einem Brief sei außerdem ihr Ehepartner angegangen worden, „obwohl er nichts damit zu tun hat“, sagte Lund. Durch das Öffentlichmachen wollte sie sich zur Wehr setzen, so Lund. Bürgermeister Walter unterstützte sie. „In einer Demokratie kann man unterschiedlicher Meinung sein. Aber das kann einfach nicht sein“, sagte er.