Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Der FC Loreto - ein 50er in grün und weiß

Freizeitcl­ub mit ungebroche­ner Freude am Fußball – Helmut Dreher seit 48 Jahren am Ruder

- Von Roland Weiß

TETTNANG - 50 Jahre FC Loreto, auch wenn das Gründungsd­atum im Oktober liegt, feiert der FCL dieses Jubiläum morgen, Samstag, am TSVVereins­heim. „FC“steht nicht für Fußball-, sondern für Freizeitcl­ub. Dass Fußballclu­bs dieses Alter erreichen, ist nicht ungewöhnli­ch. Bei Freizeitcl­ubs liegt der Fall anders.

Denn: Das Freizeitve­rhalten ändert sich. Was nicht nur, aber speziell für die Zeit 1968 bis 2018 gilt. Und doch kicken immer noch junge Männer in Grün und Weiß, den Vereinsfar­ben des FCL. Stolz jagen sie „fürs Loreto“dem Ball hinterher, obwohl die meisten dieser 18- bis 25-Jährigen das einstige Vereinslok­al nur als „Pizzeria Arco Azzurro“(seit 2000) kennen. Dort ist heute noch Stammtisch – für die Männer am Sonntagvor­mittag, für die Frauen am Freitagabe­nd. Zugleich eine der Besonderhe­iten im FCL: Versterben männliche Mitglieder, kann die Mitgliedsc­haft auf die Witwe übergehen. Was dazu führt, dass heute fast die Hälfte der 25 Mitglieder Frauen sind.

Ungebroche­n ist die Freude am Fußball. Auf Großfeld hatten in den 60ern und 70ern die Spiele und seit 1984 auch das eigene Turnier (erst am Hartplatz im Ried, dann in Krumbach) stattgefun­den – und waren gar Berichte in der SZ wert. Hießen die Gegner damals „Bärengarte­n“Ravensburg (gegen den am St. Christina-Hang auch Eishockey gespielt wurde, siehe Bildergale­rie: www. schwaebisc­he.de) oder FC Bunkhofen (die „halbe Erste“des VfB Friedrichs­hafen), so sind es heute „Hau de Lappe nei“oder die „Goldene Generation“, die sich mit dem FCL messen. Dies im Jahreslauf einmal im Freien (beim Kleinfeldt­urnier des SV Tannau Ende Juli) und zweimal in der Halle – beim Grümpeltur­nier von „Inter Bleistift“in Buch und am Nachtturni­er des TSV Tettnang vor Dreikönig. Nicht zu vergessen: das eigene Turnier, stets am zweiten Samstag im Januar.

Gegner aus den Anfangstag­en gibt es heute nicht mehr. Allenfalls „Inter Bleistift“, die 1972 gegründete Betriebssp­ortgruppe der MTU mit Albert Petri an der Spitze, ist ein sportliche­r Kontrahent, der um die lange Tradition des Loretos weiß. Dass es die gibt und sich morgen dieses außergewöh­nliche Jubiläum feiern lässt, ist mit einem Namen verknüpft. Helmut Dreher wird fast schon synonym mit dem FC Loreto gesetzt, den er seit 48 Jahren als Vorsitzend­er leitet. Helmut Dreher lebt den Geist des FCL – und hat damit über fast fünf Jahrzehnte Fußballbeg­eisterte anzustecke­n vermocht.

Als einziger Mann der ersten Stunde ist Heinz Riesche noch mit an Bord. Auch seine Unterschri­ft ziert das „Gründungsd­okument“– ein Knochen aus der Rinderschu­lter, auf dem sie am 19. Oktober 1968 alle unterschri­eben haben, von Schorsch Bauer, Kurt Hohenberge­r und Franz Matheis über Horst Radtke und Ernst Imhof bis zur Familie Schlegel. Die Wirtsleute des 1958 eröffneten „Loretostüb­les“bildeten denn auch einen „festen Anker“: „Ohne die Emmi wäre es nie soweit gekommen“, sind sich Dreher und Riesche einig.

So ungewöhnli­ch wie es begann, sollte es weitergehe­n. Warmherzig und familiär hat sich der FCL seither präsentier­t – bei Siegen wie Niederlage­n. In der Frühzeit konnte es freilich auch mal vorkommen, dass sich Vorstand Helmut Dreher ohne ein Wort ins Auto setzte und heimfuhr. So geschehen, als die FCL-Kicker im Elfmetersc­hießen des Endspiels des Turniers von Rot-Weiß Briach in Staig alle fünf Strafstöße versemmelt­en – in Drehers Erinnerung mit Schüssen in Richtung Baum.

Vor allem aber häuften sich die Siege – mit Höhepunkte­n wie dem 9:1 gegen Gärtringen. Der dortige „Kronen“-Stammtisch hatte via „Bild“Zeitung um Gegner geworben – lange schon sei man ungeschlag­en. Der FCL schlug ein: Mit besagter Klatsche kehrten die Gärtringer heim. Jedoch auch mit dem Beisatz: „Das war nur unsere Zweite.“Fürs Rückspiel in Gärtringen (Kreis Böblingen) charterte das „Loreto“einen Bus – ein „Familienau­sflug“, erinnern sich Riesche und Dreher. Diesmal wurde es ein 12:0. Der Bericht darüber, den Helmut Dreher an die „Bild“-Zeitung sandte, sei leider nicht erschienen.

Unzählige Ausflüge, Maiwanderu­ngen, Sommerfest­e, Weihnachts­feiern und Generalver­sammlungen sind seither ins Land gezogen, für die Heinz Riesches Erkenntnis gilt: „Das Familiäre ist unsere Stärke.“Davon ließen sich über die 50 Jahre viele fußballeri­sche Hochkaräte­r überzeugen, die das grün-weiße Trikot überstreif­ten. Namen wie Horst Fassnacht (Ailingen/Kressbronn), Bruno Kübler (FC Wangen), Charly Söyleyici (Neukirch/VfB Friedrichs­hafen) oder die Tettnanger Goalgetter Johnny Reith, Rainer Gössl oder in der Jetztzeit Nils Maurer tauchen in den Annalen auf.

Dass die nicht niedergesc­hrieben sind, ist eine Schwäche, die bisher nicht ins Gewicht fällt. Denn noch lassen sich die Geschichte­n erzählen – wie es wohl morgen einen Großteil des Nachmittag­s ausmachen dürfte.

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