Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Neue B 31 muss Kompromisslösung werden
RP setzt zufällig ausgewählte Bürger im Planungsverfahren ein
FRIEDRICHSHAFEN - Eine neue Form der Bürgerbeteiligung gibt es im Planungsprozess der neuen B 31 zwischen Immenstaad und Meersburg. Das Regierungspräsidium plant den Neubau und setzt sich dafür nicht nur mit Fachleuten und Umweltverbänden an einen Tisch, um jahrelang zu streiten, sondern holt zufällig ausgewählte Bürger in das sogenannte Dialogforum, die auf einen machbaren Kompromiss für eine Trasse drängen.
Das Regierungspräsidium hat dazu aus den Melderegistern der betroffenen Orte Bürger nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, angeschrieben und unter denen, die sich zurückgemeldet haben, per Losverfahren ausgewählt. Dabei wurden allerdings demografische Aspekte beachtet, so dass heute 16 Zufallsbürger nach Alter, Geschlecht und Berufsstand in etwa die Bevölkerung widerspiegeln. Im Dialogforum sind ferner die Fachverbände, die Umweltgruppen, die Bürgermeister und die Gemeinderäte eingebunden. Als Zufallsbürger sind vier Markdorfer, ein Daisendorfer, drei Meersburger, zwei Bürger aus Stetten, zwei aus Hagnau und drei Immenstaader sowie eine Häflerin, die mittlerweile aber nach Immenstaad umgezogen ist, vertreten. Und was sie zu sagen haben, gibt vielsagende Einblicke in das Verfahren.
Dieter Krusch aus Meersburg bringt es auf den Punkt: „Anfangs behakten sich die Verbände und stritten auf ihren verhärteten Positionen. Als die Zufallsbürger dazukamen, wurde es ruhiger und sachlicher.“Christoph Ewen, Moderator und Leiter dieses Verfahrens, sieht genau darin auch einen Grund, diese Zufallsbürger hinzuzuziehen. In diesem Verfahren soll eine Trasse gefunden werden, über die die B 31 künftig zwischen Immenstaad und Meersburg laufen wird. „Ergebnisoffen“, sagt der Planungschef des Regierungspräsidiums Tübingen, Matthias Kühnel. „Aber mit dem Ziel eine Trasse zu finden.“Es wird, so versichert Kühnel, nicht auf ein Ergebnis hinauslaufen wie beim Mediationsverfahren in Kluftern. Auch dort sollte ergebnisoffen eine Trasse gefunden werden, am Ende stand die Entscheidung, gar nicht zu bauen.
So wird diesmal auf jeden Fall eine Straße gebaut werden. Das Verfahren habe zum Ziel, die Region zu entlasten, und das funktioniere nur mit einer ebenfalls funktionierenden B 31, sagt Christoph Ewen. Dazu sei eine Kompromisslösung nötig. Ewen sieht im Einsatz der Zufallsbürger die besten Voraussetzungen, einen solchen Kompromiss zu finden. Dem stimmen auch Sebastian Gatzka aus Markdorf und Sonja Gutemann aus Hagnau zu. Sie ist Betroffene vom Dauerstau, betont aber, dass sie nie die Intention gehabt habe, ausschließlich die Hagnauer Lösung zu berücksichtigen. „Wir müssen eine Straße finden, die die Region entlastet. Deswegen muss sie auch mit der Region abgestimmt werden.“
Keine Pseudo-Demokratie
Christoph Braun kommt aus Markdorf und sieht als großen Vorteil dieses Verfahrens, der einen oder anderen Stammtischparole widersprechen zu können. „Oft wird gesagt, es handele sich bei der Bürgerbeteiligung nur um eine Pseudo-Demokratie. Dem muss ich energisch widersprechen.“Zum einen habe sich das „Hauen und Stechen der Verbände nach dem Einsatz der Zufallsbürger in eine sachliche Diskussion verwandelt“, zum anderen werde auch deutlich, dass manche Prozesse tatsächlich ihre Zeit brauchen, und die Bürger auch inhaltlich an den Debatten beteiligt werden.
Und Zeit wird der Bau der neuen Bundesstraße sicher noch in Anspruch nehmen. Derzeit, so erzählt der Moderator, seien rund 20 Trassenvarianten in der Diskussion. Darunter auch solche mit dem Schwerpunkt auf Untertunnelung. Ende November will sich das Dialogforum auf eine kleine Auswahl verschiedener Trassen geeinigt haben. Und wenn es dann nach dem Herzenswunsch von Planungschef Matthias Kühnel geht, soll Ende 2019 eine Trasse gefunden sein, die dann ins weitere Verfahren geht.
In dem weiteren Verfahren werden alle Belange dieser Trasse baurechtlich, umweltrechtlich und gemäß aller Vorschriften geprüft, bis es zu einem Planfeststellungsverfahren kommt. Erst wenn das abgeschlossen ist, kann theoretisch gebaut werden. Auf einen Zeitpunkt will Kühnel sich nicht festlegen. Dass das aber noch Jahre dauern wird, ist nicht unwahrscheinlich.