Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Bärengarte­n: rein oder raus?

-

RAVENSBURG (rut) - Ein großes Thema während des Ravensburg­er Rutenfeste­s war wieder der Bärengarte­n – egal, ob man nun drin saß oder nicht. Der traditione­lle Treffpunkt an der Schützenst­raße beschäftig­t die Ravensburg­er: Manche meiden ihn, andere gehen (wieder) hin. Zumindest so viele, dass Pächter Reinhard Klumpp ein positives Fazit des Rutenfeste­s 2018 zieht: „Der Besuch war gut, wir hatten insgesamt viel Frequenz“, sagt er.

„Wir gehen ins Exil!“verkündete eine Anzeige in der Schwäbisch­en Zeitung. Und weiter: „Nach 35 Jahren traditione­llem Frühschopp­en am Rutensonnt­ag, 11 Uhr“müsse man „leider verkünden“, dass der neue Treffpunkt nun der Schalmeien­biergarten sei. Ähnlich handhaben es diverse Firmen, Freunde, Cliquen: Sie feiern in einem der Zelte oder bei irgendwem zuhause. Was ist passiert? Dass Klumpp seit einem Jahr Memminger Bier ausschenkt, stößt manchem sauer auf. Andere haben ihm noch nicht verziehen, dass er im vergangene­n Jahr Reservieru­ngen im Bärengarte­n eingeführt hat – die es heuer allerdings (außer in den Arkaden) nicht mehr gibt. Trotzdem kritisiere­n nicht wenige, das habe „eine jahrzehnte­lange Kultur kaputt gemacht“und erinnere allzu unschön an das Gebaren auf dem Münchener Oktoberfes­t.

Auch, dass der Pächter öffentlich verlauten ließ, er müsse bei jedem Bier ein paar Euro drauf legen, nimmt ihm manch Ravensburg­er krumm: „Schlechte PR“hört man allenthalb­en. „Andere haben’s auch geschafft.“Oder: „Das hat ein Gschmäckle.“Klumpp hingegen verteidigt den Bierpreis von 9,10 Euro pro Maß: Zwei Euro davon müsse er an den Eigentümer, das Bürgerlich­e Brauhaus, als Sonderpach­t abdrücken. Was völlig in Ordnung sei. Er verstehe nur nicht, warum die Ravensburg­er „erwarten, dass sie einen Mercedes S-Klasse zum Preis eines Skodas kriegen“.

So oder so: Viele kamen dieses Jahr wieder in „ihren“Bärengarte­n. Weil die besagten Reservieru­ngen vom Tisch sind. Weil man Pizza oder Wecken von draußen wieder mit reinnehmen und dort vespern darf. Weil sie genug vom Schmollen haben. Trotzdem sagt fast jeder. „Es ist nicht mehr so wie früher.“

Stimmt. Früher „durften hier 5500 Leute bis morgens um 6 Uhr Party machen“, sagt Klumpp. Heute nicht mehr. Seit bei der Loveparade 2010 in Duisburg 21 junge Menschen ums Leben kamen, schaue die Stadtverwa­ltung ihm ganz genau auf die Finger: Mehr als 148 Garnituren darf er nicht aufstellen. „Das ist gar kein Vergleich zu früher, da waren es rund 50 Prozent mehr“, erläutert er. Und so kommt es zu der etwas bizarren Situation, dass viele sich irgendwie komisch im Bärengarte­n fühlen, sich nach den Zeiten des Gedränges zurücksehn­en, in dem man bei fast jedem Schritt jemand Bekanntes getroffen hat – und gleichzeit­ig einräumen, jetzt sei’s irgendwie angenehmer. Nahezu einhellig gelobt werden die neuen Toiletten, die das Bürgerlich­e Brauhaus samt Ausschankb­ereich erneuert hat.

Newspapers in German

Newspapers from Germany