Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Fischsterben: Wasserentnahme aus Argen verboten
Landratsamt untersagt Kressbronner und Oberdorfer Landwirten, den Fluss weiterhin anzuzapfen
KRESSBRONN - Wer auf Sonne, Hitze und Wasser in Badewannentemperatur steht, kann sich derzeit nicht beklagen. Doch der außergewöhnliche Sommer hat auch Schattenseiten. Wie das Landratsamt jetzt mitgeteilt hat, wird in vielen Flüssen und vor allem Bächen im Bodenseekreis das Wasser knapp. Die Folge: Kressbronner und Oberdorfer Landwirte dürfen die Argen nicht mehr wie gewohnt anzapfen, um ihre Felder zu beregnen. Der Grund: Erst vor wenigen Tagen kam es möglicherweise wegen eines ätzenden Mittels zu einem massiven Fischsterben im Fluss. Die Tiere, die übrig sind, sollen geschont werden.
Der heiße Sommer ist für Klaus Ruff, Leiter des Amtes für Wasserund Bodenschutz, „ein deutliches Zeichen dafür, dass wir uns mitten im Klimawandel befinden“. Das sehr trockene Frühjahr und die schon längere Zeit anhaltende Schönwetterperiode hätten dazu geführt, dass die Wasserstände in den Fließgewässern auf sehr niedrigem Niveau sind. Der Amtsleiter erkennt eine kritische Situation, die an den extrem trockenen Sommer 2003 erinnere.
Die wenigen Gewitter, die kurzfristig Regen bringen, seien „lediglich ein Tropfen auf dem heißen Stein“. Dazu komme, dass eine Entschärfung der Lage nicht in Sicht sei. Im Gegenteil. Die Wetterprognosen versprechen weiterhin viel Sonne und Hitze: „Das ist wunderbar, für alle, die Urlaub haben, aber schlecht für Landwirte und Fische“, gibt Klaus Ruff zu bedenken.
Verbot auf unbestimmte Zeit
Ein ökologisches Gutachten lege fest, bis zu welchem Pegelstand die Bauern aus Langenargen-Oberdorf und Kressbronn, die in sogenannten Beregnungsverbänden organisiert sind und entsprechende Genehmigungen haben, Wasser aus der Argen pumpen dürften. Der Amtsleiter sagt: „Jetzt ist eine Grenze erreicht, weshalb die Entnahme auf unbestimmte Zeit verboten ist.“Was die Bereitstellung von Beregnungswasser angeht, stehe die Landwirtschaft vor großen Herausforderungen. In Zukunft werde das Abpumpen nur noch mit entsprechender Spartechnik und aus großen, leistungsfähigen Gewässern möglich sein. Zusätzlich seien alternative Wasserbezugsquellen, wie beispielsweise Speichermöglichkeiten, in Betracht zu ziehen, betont Klaus Ruff.
Zum aktuellen Entnahmeverbot ist es nicht zuletzt aufgrund eines massiven Fischsterbens gekommen, das am vergangen Wochenende den Fischbestand um etwa 70 Prozent reduzierte, wie Helmut Maier, Vorsitzender des Langenargener Angelsportvereins, befürchtet. Sein Verein hat die Argen im Bereich Steg Bad Hütten bis zur Einmündung in den Bodensee vom Forstamt gepachtet, und: „Es waren überall tote Fische.“Der Vorsitzende sammelte mit mehr als 30 Vereinsmitgliedern am Montagabend die Kadaver ein und brachte die übelriechende Fracht zur Tierkörperbeseitigungsstelle in die Kläranlage nach Friedrichshafen.
Verätzte Kiemen
Dem Vereinsvorsitzenden zufolge gibt es für das Massensterben mehrere Faktoren: die hohen Temperaturen, die zur Folge haben, dass weniger Sauerstoff im Wasser ist – sowie die Einleitung eines ätzenden Mittels, wofür die verätzten Kiemen der toten Tiere deutliches Merkmal seien. „Der Schaden in der Argen ist groß. Wir haben Anzeige erstattet und einen Gutachter eingeschaltet. Die Polizei ermittelt“, sagt Helmut Maier. Bis der Bestand wieder aufgebaut ist, dauere es laut Experten drei Jahre. Das Problem: „Forellen und Barben können wir einsetzen. Ob wir es aber schaffen, Fische aufzuziehen, die auf der Roten Liste gefährdeter Arten stehen, wie zum Beispiel der Strömer, wissen wir noch nicht.“
Was das Fischsterben genau ausgelöst hat, sei noch unklar, erklärt Amtsleiter Klaus Ruff. Wasserproben und tote Fische würden untersucht. Klar ist allerdings, dass die Bauern aus Kressbronn und Oberdorf erst einmal kein Wasser mehr aus der Argen pumpen dürfen. Auch Anliegern, wie Vereinen oder Grundstücksbesitzern, ist es untersagt, sich im Fluss zu bedienen.
Wer das Verbot ignoriert, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld geahndet werden kann, heißt es dazu in einer Pressemitteilung des Landratsamtes. Es werde in nächster Zeit verstärkt kontrolliert. Und nicht nur das. Klaus Ruff kündigt an: „Wenn es so weitergeht und sich die Wetterlage nicht nachhaltig ändert, wird die Wasserentnahme im ganzen Fluss- und Bachgebiet des Bodenseekreises verboten.“