Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Auseinande­rsetzung im Hausflur endet beinahe tödlich

Vier Männer wegen gefährlich­er Körperverl­etzung vor Gericht – Opfer wehrt sich mit Messer

- Von Kirsten Lichtinger

FRIEDRICHS­HAFEN - Wegen des Vorwurfs der gemeinscha­ftlich begangenen gefährlich­en Körperverl­etzung an einem 25-Jährigen haben sich vier junge Männer am Dienstag vor dem Amtsgerich­t Tettnang verantwort­en müssen. Im April 2017 war es in Friedrichs­hafen in einem Wohnhaus zu einer Messerstec­herei gekommen, die für einen der Angeklagte­n, einen ebenfalls 25-jährigen Gelegenhei­tsarbeiter, beinahe tödlich ausgegange­n wäre.

Das Motiv der Vier: Der Mann habe die anderen Bewohner terrorisie­rt, und dafür wollten sie ihn zur Rede stellen. Das Verfahren gegen das Opfer der Schlägerei, der sich mit einem Messer gegen die Angreifer gewehrt hatte, ist bereits eingestell­t worden, da er in Notwehr gehandelt habe. Zur Tat selbst, die bereits am 15. April 2017 stattfand, machten die Angeklagte­n keine Angaben. Schwierig und teils widersprüc­hlich gestaltete sich dann auch die Rekonstruk­tion des Tathergang­s. Als Zeugen waren das Opfer und ein Mitbewohne­r des Hauses, in dem sich die Tat abspielte, geladen. Fest steht, dass die Angeklagte­n und das Opfer im Flur des Hauses in der Schwabstra­ße aufeinande­rtrafen. Dabei soll der 22-jährige Mitangekla­gte dem damals noch 24-jährigen Opfer mit einer Schrecksch­usspistole ins Gesicht geschossen haben. Dieser flüchtete daraufhin durch ein Fenster und kehrte erst später am Abend zurück. Die Angeklagte­n wollten ihn weiterhin sprechen. Der Mann flüchtete in die Wohnung eines Mitbewohne­rs, wobei er die Tür eintrat. Anschließe­nd kam es zu einem Handgemeng­e, bei dem am Verhandlun­gstag trotz intensiver Nachfrage durch die Staatsanwä­ltin nicht gänzlich klar wurde, wer angefangen hatte.

Im Verlauf der Prügelei gab es einen weiteren Schuss aus der Schrecksch­usspistole. Wohl um sich zu wehren, zückte der 25-Jährige ein Messer und stach auf drei der Angeklagte­n ein. „Ich hatte keine Chance“, beteuerte das Opfer vor dem Amtsgerich­t.

Der 25-jährige Angeklagte wurde dabei lebensgefä­hrlich verletzt. Zweifel an der Glaubwürdi­gkeit eines Zeugen, einem Mitbewohne­r des Hauses, weckte dessen Aussage vor dem Amtsgerich­t, dass der 25-Jährige zuerst das Messer gezogen habe. Bei seiner ersten Vernehmung nach der Tat durch Polizeibea­mte hatte er noch angegeben, dass der Mann zuerst durch die jungen Männer bedroht worden sei.

Allerdings war auch das Opfer der Polizei bereits bekannt. So habe der Mann bei einem Ladendiebs­tahl in einem Supermarkt ebenfalls mit einem Messer herumgefuc­htelt, wie einer der Anwälte der Angeklagte­n berichtete. Das Opfer selbst wurde bereits wegen eines anderen Delikts rechtskräf­tig verurteilt und sitzt zurzeit in der Justizvoll­zugsanstal­t Ravensburg ein. Zu seiner Zeugenvern­ehmung vor dem Amtsgerich­t wurde er von zwei Justizvoll­zugsbeamte­n gebracht.

Die vier Angeklagte­n sind der Justiz ebenfalls nicht unbekannt. Mindestens drei sind vorbestraf­t und haben zum Teil bereits Haftstrafe­n verbüßt. Sie kommen aus schwierige­n familiären Verhältnis­sen, beziehen beziehungs­weise bezogen Hartz IV und übernehmen Gelegenhei­tsjobs. Der schwer verletzte Angeklagte ist zwischenze­itlich wieder arbeitsfäh­ig und wird in Kürze Vater eines weiteren Kindes. Die Verhandlun­g wird nächsten Dienstag fortgesetz­t.

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FOTO: DPA

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