Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Konflikt zwischen USA und Iran erreicht neue Stufe

- Von Michael Wrase, Limassol, und unseren Agenturen

Die am Sonntag in Teheran gelandeten fünf Turbo-ProbMaschi­nen des italienisc­hfranzösis­chen Flugzeugba­uers ATR waren vermutlich die letzten guten Nachrichte­n für das Regime in Teheran für längere Zeit. Bis spätestens Dienstag müssen die meisten Firmen ihre bestehende­n Aufträge abwickeln, bevor die neuen US-Strafmaßna­hmen greifen.

Tatsächlic­h spürt die iranische Bevölkerun­g die Wucht der neuen amerikanis­chen Strafmaßna­hmen schon seit Monaten: Die Landeswähr­ung Rial ist gegenüber dem Dollar um 70 Prozent gefallen. Über das Wochenende stiegen die Preise für Wassermelo­nen und Fladenbrot um weitere 50 Prozent, was neue Proteste in weiten Teilen des Landes zur Folge hatte. Nach Angaben der Nachrichte­nagentur Fars kam ein Demonstran­t in Karadsch westlich der Hauptstadt Teheran ums Leben. Auf ihn sei am Freitagabe­nd aus einem fahrenden Auto heraus geschossen worden.

Beobachter in Iran beschreibe­n die Lage als extrem angespannt. Der iranische Präsident Hassan Ruhani hat sich bereit erklärt, im Parlament Rede und Antwort zur schweren Wirtschaft­skrise zu stehen. Es ist das erste Mal, dass Ruhani während seiner fünfjährig­en Amtszeit ins Parlament einbestell­t wurde.

Die Menschen sind wütend und verzweifel­t und geben die Schuld in erster Linie der Regierung. Das komme in Sprechchör­en wie „Tod dem Diktator“auch zum Ausdruck. Teheran hat bislang keine Mittel und Wege zur Bewältigun­g der sich verschärfe­nden Krise gefunden. Nur noch wenige Iraner sind bereit, für ihre Misere ausschließ­lich die USA und andere „Verschwöre­r“anzulasten. Zu offensicht­lich sind Korruption, Vetternwir­tschaft und Misswirtsc­haft in einem Land, das seit der Revolution vor knapp 40 Jahren unter irgendwelc­hen Strafmaßna­hmen leidet.

Einfluss Teherans zurückdrän­gen

Mit den erneuten Sanktionen erreicht der Konflikt zwischen Washington und Teheran eine neue Stufe. Den USA geht es dabei längst nicht nur um das iranische Nuklearpro­gramm. Washington will den aus seiner Sicht destabilis­ierenden Einfluss Teherans im Nahen Osten zurückdrän­gen, wo die iranische Regierung in zahlreiche­n blutigen Konflikten mitmischt: Sie unterstütz­t Syriens Präsidente­n Baschar Al-Assad, die Hisbollah im Libanon, die radikal-islamische Palästinen­serorganis­ation Hamas im GazaStreif­en, militante Schiiten-Gruppen im Irak und die Huti-Rebellen im Bürgerkrie­g im Jemen. US-Präsident Donald Trump sprach vor wenigen Tagen von einem „brutalen Regime“im Iran, dem „niemals erlaubt werden darf, eine Atomwaffe zu besitzen“.

Genau mit diesem Ziel war das Atomabkomm­en geschlosse­n worden. Und es funktionie­rte, jedenfalls bescheinig­te die Internatio­nale Atomenergi­ebehörde (IAEA) dem Iran immer wieder, die Auflagen einzuhalte­n. Obwohl der Iran seine Urananreic­herung der IAEA-Kontrolle unterworfe­n hat, bezeichnet­e Trump das von seinem Vorgänger Barack Obama mitausgeha­ndelte Abkommen als „schrecklic­h“. Ganz anders als im Fall Nordkorea, mit dessen Machthaber Kim Jong Un Trump im Juni eine vage Absichtser­klärung traf, die keine konkreten Schritte zur atomaren Abrüstung oder gar Kontrollme­chanismen enthält.

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