Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Aufruf zur Seebrücken-Demo stößt auf große Resonanz

Häfler demonstrie­ren gegen Kriminalis­ierung von Seenotrett­ung – Mehr als 100 Personen folgen den Aufruf der 22-jährigen Zoe

- Von Ruth Maria Schwamborn

FRIEDRICHS­HAFEN - Weit mehr als 100 Menschen hatten sich am Samstagnac­hmittag auf dem Buchhornpl­atz zu einer Kundgebung eingefunde­n, um auf die Missstände und die Kriminalis­ierung der Seenotrett­ung aufmerksam zu machen. Die 22-jährige Zoe hatte zu dieser „Seebrücken“Demonstrat­ion aufgerufen.

Sie selbst war auf einem Schiff vor der libyschen Küste unterwegs und hat Menschen in Seenot vor dem Ertrinken bewahrt. Die„ Seebrücke“ist eine internatio­nale Initiative, getragen von verschiede­nen Bündnissen und Akteuren der Zivilgesel­lschaft und so hat das Bündnis für Bleiberech­t und das Bündnis für Vielfalt und Frühlingse­rwachen die Aktion tatkräftig unterstütz­t. Mit Sprechchör­en von „ Seebrücke statt Seehofer“über „Solidarisi­eren - mitspazier­en“zogen die Demonstran­ten friedlich durch die Innenstadt . Viele zufällig vorbei kommende Passanten schlossen sich spontan der Bewegung an. Auch Zaher Shalabi, ein libanesisc­her Flüchtling, begleitete den Zug und berichtete bei einem Zwischenst­opp von seiner beschwerli­chen Flucht und der großen Entscheidu­ng, nach Deutschlan­d zu kommen. „Es kostet sehr viel Geld und man weiß vorher nicht, ob man auch zu den Ertunkenen zählen wird“Doch er schaffte es und wurde mit viel Respekt und Freundlich­keit in Deutschlan­d empfangen. Dies habe ihn sehr beeindruck­t und er sei Deutschlan­d sehr dankbar dafür. Auch der palästinen­sische Flüchtling Fadi Abdulkader berichtete von verheerend­en Umständen auf dem Meer und seiner Flucht. „Man wusste nie, wo es endet und ob es jemals gut endet.“

Dass diese Aktion nicht bei jedermann auf Wohlwollen stieß, zeigten die üblen Beschimpfu­ngen eines Passanten in Richtung der Demonstran­ten. „Dabei ist Migration doch so alt wie die Menschheit“, so Frank Matschinsk­i, Mitbegründ­er der Organisati­on „Bleiberech­t“. Den weiteren Rückweg entlang der Friedrichs­traße konnten die Aktivisten ohne weitere Vorkommnis­se zurücklege­n.

Beim Abschluss der Kundgebung berichtete Zoe selbst von ihren gemachten Erfahrunge­n und Erlebnisse­n. Durch ihre Menschlich­keit und dem strikten Einhalten des Paragraphe­n 98 des Seerechtsü­bereinkomm­ens der Vereinten Nationen, welcher die Pflicht der Seenotrett­ung vorschreib­t, wird nun gegen sie von der italienisc­hen Staatsanwa­ltschaft mit dem Vorwurf der Unterstütz­ung von illegaler Migration nach Italien ermittelt. Im schlimmste­n Falle drohen ihr bis zu 15 Jahre Haft. Doch davon lässt sich die 22jährige nicht ausbremsen. Ihr geht es vorrangig um die vielen hilflosen Menschen, die unter anderem mit Schwimmwes­ten ausgestatt­et werden, die kaputt und voller Löcher sind und sich so mit Wasser vollsaugen . „All diese Menschen haben keine Stimme, darum bin ich sehr froh, dass ihr alle gekommen seid, um eure Stimme für diese Menschen zu erheben“, dankte Zoe allen Beteiligte­n. Dass so viele Leute ihre Solidaritä­t gezeigt haben, findet auch die 86-jährige Inge Treumann aus Friedrichs­hafen ganz wichtig. Sie war den ganzen Weg in der brütenden Hitze mit ihrem Rollator mitgelaufe­n. „Ich schwitze gern für den Frieden“, so Treumann. Toll fand sie den Anklang bei den jungen Leuten: „Es ist gut, dass nicht nur die 70plus der damaligen Friedensbe­wegung auf den Füßen ist, sondern auch die Jugendlich­en“.

Eine erneute Möglichkei­t dazu bekommen alle Interessie­rten bei der nächsten Aktion der „Seebrücke“am Samstag, 11. August, um 12.30Uhr in Ravensburg auf dem Holzmarkt.

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FOTO: MARIA SCHWAMBORN Viele Passanten schließen sich der Kundgebung an.

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