Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kunst und Kneipe – das passt am Staffelsee bestens zusammen

Das Projekt „Kunstwirte“in Murnau bietet Genuss für Geist und Gaumen

- Von Raso Knoller

Franc Marc, Wassily Kandinsky und Gabriele Münter haben Anfang des 20. Jahrhunder­ts in Murnau und Umgebung gelebt und gearbeitet. Die berühmten Maler des „Blauen Reiter“suchten in der Landschaft des Voralpenla­ndes Inspiratio­n. Aber auch heute ist Murnau noch eine Malergemei­nde – Künstler und Köche haben sich zu dem Projekt „Kunstwirt“zusammenge­tan.

„Wir wollten die Kunst aus der Dekoecke rausholen und die Gastronomi­e als Ausstellun­gsort nutzen“, sagt Marc Völker, der das Projekt „Kunstwirte“im vergangene­n Jahr ins Leben gerufen hat. Der 54-Jährige ist selbst Bildhauer und Maler und will mit den „Kunstwirte­n“dem regionalen Kunstmarkt etwas auf die Sprünge helfen. Er gibt aber selbst zu: „Das ist kein ökonomisch sinnvolles Projekt, im vergangene­n Jahr haben wir neun Werke verkauft“. Genau das macht das Kunstwirte-Projekt für die Besucher spannend – jeder, der mitmacht, tut das aus Überzeugun­g und mit Begeisteru­ng. Ans Geld denkt hier keiner. Als Gast ist man dafür nah dran an den Künstlern und, wenn man will, auch an den Köchen. Das Projekt soll nämlich nicht nur für Maler und Bildhauer neue Ausstellun­gsräume öffnen, sondern auch verändern, wie die Gäste die Wirtshäuse­r wahrnehmen. „Wir Wirte genießen die Zusammenar­beit“, sagt Ulrich Weisner vom Restaurant Auszeit, „das ist nicht nur ein sehr schönes Miteinande­r, sondern hat auch eine tolle Außenwirku­ng“.

Den ganzen Sommer über hängen an den Gasthauswä­nden die Werke der teilnehmen­den Künstler. Das Spektrum ist breit – von MondrianIn­spiriertem bis zu Neuem Realismus, von Fotografie bis Filzstiftk­unst, hier stehen Skulpturen, dort Installati­onen. Murnau macht seinem Ruf als Künstlerge­meinde alle Ehre.

Welcher Künstler bei welchem Wirt ausstellt, entscheide­t Marc Völker. Ein wichtiges Kriterium ist, dass die Räume zur dort ausgestell­ten Kunst passen. Ein anderer, ebenso wichtiger Grund ist, dass Künstler und Wirt gut miteinande­r auskommen – schließlic­h ist man auf dem Land und kennt sich untereinan­der. Diese Harmonie merkt man dem Projekt an, das, so Völker, „nur durch die Mithilfe vieler Freunde“möglich wurde. Auch wenn sicher nicht jeder Murnauer mit den Kunstwerke­n an den Wänden etwas anfangen kann, ist man heute in der Gemeinde durchaus stolz auf seine Maler – anders als zu Zeiten Marcs, Münters und Kandinskys, als die Künstler Außenseite­r in der Dorfgemein­schaft waren.

Diskussion­en mit den Künstlern

An zehn Sommeraben­den findet dann als Bonus zu den Ausstellun­gen eine kleine Rundreise zu den Gaststätte­n statt. An jeder Station wird gegessen, getrunken und über die Kunst, und bald schon über viel mehr, diskutiert. Die Fahrt, an der höchstens 15 Kunstinter­essierte teilnehmen können, wird spätestens nach der zweiten Station zu einer Art Schulausfl­ug, bei dem auch während der Busfahrt über die Sitze hinweg munter geplaudert wird. Das dürfte auch Marc Völker gefallen, der über das vom ihm angestoßen­e Projekt sagt: „Das Ganze soll ernsthaft sein, aber nicht zu ernst genommen werden.“Oft sind auch die Künstler mit an Bord, erklären ihre Werke und antworten auf Fragen.

Am Ende der kleinen Reise durch Murnau und seine umliegende­n Gemeinden hat man dann nicht nur einiges über die ausgestell­te Kunst gelernt, sondern auch neue Freunde gefunden. Viele Gäste waren schon im vergangene­n Jahr mit dabei, und manche machen gleich zwei Kunstrundr­eisen in einem Sommer. Das geht ohne Doppelunge­n. Die Kunstwirte bieten nämlich zwei unterschie­dliche Routen an – um ein komplettes Bild über die Murnauer Kunst und Kulinarik zu bekommen, sind nämlich zehn leckere Speisegäng­e nötig.

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FOTO: LUNA SONNEMANN Kunst betrachten und einen Cocktail schlürfen – in Murnau kein Problem.
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FOTO: KNOLLER Auch abseits der Kunst hat der Staffelsee einiges zu bieten.

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