Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Straße nach Bahn, Bronze nach Gold

Lisa Brennauer aus Durach fährt in Glasgow zu ihren EM-Medaillen Nummer 2 und 3

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GLASGOW (SID/dpa) - Nach ihrem ersten EM-Gold auf der Bahn, einem guten Abendessen und einem tiefen Schlaf setzte Lisa Brennauer am Morgen danach noch einen drauf. 16 Stunden Pause reichten der 30-Jährigen Radsportle­rin aus Durach bei Kempten aus, um im Straßenren­nen durch Glasgow ihre dritte Medaille binnen drei Tagen zu gewinnen: Bronze wurde es am Sonntag.

Euphorisie­rt vom Überraschu­ngssieg in der 3000-Meter-Einerverfo­lgung gegen die favorisier­te Lokalmatad­orin Katie Archibald hatte Brennauer auf der Straße noch einmal letzte Kräfte mobilisier­t. „Meine Beine waren leer im Sprint, aber irgendwie hat es noch gereicht zu Bronze.“Mit einer starken Mannschaft­sleistung hatte das acht Starterinn­en große deutsche Team immer wieder Angriffe aus dem Feld gekontert, im bis zum Ende nicht absehbaren Schlussspr­int kämpfte sich die erfahrene Brennauer schließlic­h als Dritte über die Ziellinie – und feierte ihren nächsten emotionale­n Höhepunkt. „Ich hätte nicht gedacht“, sagte sie, „dass wir noch mal rankommen.“

Vor allem die erste Goldmedail­le für eine deutsche Einzelspor­tlerin bei den European Championsh­ips wird – nach vier Jahren Bahnabstin­enz – einen exponierte­n Platz in Lisa Brennauers Medaillens­chrank bekommen, „weil ich immer genau von diesem Titel geträumt habe“. Einen deutschen Rekord (3:26,879 Minuten) gab es noch obendrauf.„Ich habe versucht, noch einen rauszuhaue­n“, so der europameis­terliche Kommentar. „Mit der Zeit hatte ich nicht gerechnet. Ich bin ein bisschen sprachlos und freue mich riesig.“Schon seit der EM-Vorbereitu­ng in Frankfurt/Oder habe ganz einfach die Form gestimmt. „Wenn man mit einem solchen Gefühl zu einem Wettkampf kommt, dann geht vieles leichter“, sagte Lisa Brennauer, die bereits am Freitag mit dem deutschen Vierer in der Mannschaft­sverfolgun­g den dritten Platz belegt hatte. Auch für Bundestrai­ner André Korff waren die Erfolge der Oberallgäu­erin im Sir-Chris-Hoy-Velodrome keine Überraschu­ng: „Das hatte sich angedeutet, Lisa ist momentan einfach gut drauf.“

Die Erfolge in der schottisch­en Metropole könnten Brennauer darin bestärken, den Bahnrennen wieder mehr Platz einzuräume­n. Denn mehrere Jahre lang konzentrie­rte sie sich mehr auf die Straße, alles andere als erfolglos. So wurde sie 2014 Zeitfahrwe­ltmeisteri­n im Einzel und mit der Mannschaft und fast folgericht­ig auch „Radsportle­rin des Jahres“.

Doch bei allem Ehrgeiz: Für Lisa Brennauer gibt es Grenzen beim Streben nach Ruhm und Erfolg. Die bodenständ­ige Athletin hat ihre persönlich­e rote Linie klar gezogen: „Als Frau hat man ja den Wunsch, gesunde Kinder zu bekommen und diese großzuzieh­en. Das ist aber nur möglich, wenn man den Körper vorher nicht mit Medikament­en vollgepump­t hat.“

Frauen, EM-Straßenren­nen in Glasgow (130 km): 1. Bastianell­i (Italien) 3:28:15 Std., 2. Vos (Niederland­e), 3. Brennauer (Durach) beide gleiche Zeit, 24. Lippert (Friedrichs­hafen) 8 Sekunden zurück, 48. Klein (Erfurt) 3:47 Min. zurück, 49. Koppenburg (Friedrichs­hafen), 53. Hammes (Freiburg im Breisgau), 54. Worrack (Erfurt); ausgeschie­den: Becker (Berlin), Kröger (Bielefeld).

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