Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Wenn Ravensburg zum Karate-Zentrum Deutschlands wird
Trainingsangebote von internationalen Karateprofis locken zum Sommercamp
RAVENSBURG - Das diesjährige Sommercamp des Karateverbandes Baden-Württemberg (KVBW) hat wieder Karateka aus ganz Deutschland nach Ravensburg gelockt. Geboten wurde vielseitiges Training von internationalen Größen wie Kenichi Sato und Seiji Nishimura, dem Nationaltrainer Japans. Die Türen standen bis Sonntag allen Altersklassen und Gürtelgraden offen – sowohl beim Pratzentraining als auch beim Selbstverteidigungskurs.
Im Camp begann der Tag morgens gegen acht Uhr. Eine kleine Gruppe aus Konstanz und Fürstenfeldbruck frühstückte gemeinsam, müde Seelen wurden erst beim Kaffee aus Bierkrügen munter. Unbeschwert wurde vom typischen Tagesablauf beim Sommercamp erzählt, während die 23-jährige Anke Mück aus Bayern Rührei für ihre Mitstreiter zubereitete. „In der Kuppelnauhalle trainieren die Schwarzgürte, bei den Gymnasien die Farbgürte. Dabei sind aber alle, losgelöst von ihrem Gürtelgrad, überall willkommen. Nimmt ein Karateka mit schwarzem Gürtel bei den Farbgürten teil, unterstützt er eben die weniger Erfahrenen“, sagte der 56-jährige Rainer Rutka aus Konstanz. Beim Frühstück schaute man sich den Trainingsplan durch und kreuzte an, was einen interessiert. Dabei gab es verschiedene Schwerpunkte, je nach Trainer. Der 18-jährige Manuel Reichelt bezeichnete Kenichi Sato dabei als „Kata Gott“.
Absoluter Pflichttermin war das Training von Günter Mohr vom KJC Ravensburg um halb elf. Darüber herrschte Einigkeit. Für den 13-Jährigen Lukas Dreher aus Konstanz, den Jüngsten am Tisch, begann der Trainingstag an diesem Tag auch nicht früher, er nahm „nur“an vier Trainingseinheiten teil. Die anderen nannten das „Gnadenfrist“und lachten. Auf die Frage, was das Sommercamp in Ravensburg besonders macht, gab es eine klare Antwort: Man wisse genau, was einen erwarte, nämlich tolles Programm und großartige Trainingsangebote. Dabei sprach Manuel von Ravensburg als dem „Karatezentrum in BadenWürttemberg“.
Wenig später wurde klar, warum das Training bei Günter Mohr nicht verpasst werden durfte. Der 67-jährige Ravensburger brennt für die Kampfkunst und teilt sein Wissen gerne. Angefangen hat er 1967, zehn Jahre später war er Vize-Weltmeister. Sein Training begann nach Aufwärmund Dehnübungen mit dem „Kihon“, den Grundtechniken. Dabei erklärte er, wie Karate als Selbstverteidigung entstanden ist, und die Bedeutung verschiedener japanischer Begrifflichkeiten. Es gehe um die Einheit von Körper und Geist. Besonders wichtig seien dabei Koordination und die Orientierung im Raum, erklärte er. Nach den Grundtechniken folgte das „Kumite“, der Kampf zu zweit. Mohr beobachtete die Teilnehmer und verbesserte hier und da. Was ihn besonders freute: „Beim Karate geht es weniger um Kraft oder Körpergewicht als um Geschick und Technik. Das ist nützlich im Alltag und in der Selbstverteidigung.“
Der letzte Aspekt des Trainings bestand aus dem „Kata“, der Form. Hier kamen alle Teilnehmer noch einmal ins Schwitzen, bevor das Training zu Ende war. Auf die Frage, ob es sich beim Sommercamp in Ravensburg tatsächlich um das Karatezentrum Baden-Württembergs handele, antwortete er selbstbewusst, dass es sich doch eher um das Karatezentrum Deutschlands handele, und verabschiedete sich freundlich.
Am Nachmittag wurden dann neben dem Training auch noch Fototermine und Autogrammstunden mit allen Trainern angeboten. Gegen 19 Uhr wurde es etwas ruhiger um die Ravensburger Gymnasien. Es wurde nämlich nicht mehr dort, sondern auf dem Gelände des TSB Ravensburg campiert. Nach Angaben von Mohr, der dem Ausrichter der Veranstaltung vorsitzt, konnten die Teilnehmer aufgrund von Baumaßnahmen an den Gymnasien ihre Zelte dort dieses Mal nicht aufschlagen. „Es haben sich alle Seiten größte Mühe gegeben, eine Lösung zu finden, und ich denke, das ist ganz gut gelungen.“Für das körperliche Wohlbefinden der Teilnehmer von nah und fern standen das KJC und die Gaststätte des TSB zur Verfügung und auch für Strom war auf dem neuen Campingplatz gesorgt.
Den Ortswechsel sahen die Gruppe um Norbert Kutka aus Fürstenfeldbruck und Rainer Rutka aus Konstanz gelassen. Zwar habe die Benachrichtigung der Veranstalter ihn nur noch in letzter Sekunde erreicht, aber er sei sich des organisatorischen Aufwands, den eine solche Veranstaltung mit sich bringe, durchaus bewusst, weshalb der Ortswechsel den 56-jährigen Konstanzer wenig störte. Auch sein aus Bayern angereister Kamerad erachtete die Lage als wenig problematisch.
Zwar sei der Weg zu den Veranstaltungen etwas weiter, aber angesichts der Vorfreude auf die Trainer und das anstehende Programm sei das kaum wichtig. Außerdem gebe es keine Nachbarn, denen es abends zu laut werden könnte, ergänzte sein Kamerad.