Ich poste, also bin ich

Es ging ja schon sehr lange, bis ich mich überzeugen ließ, dass Facebook eigentlich eine tolle Sache ist, bei der man dabei sein muss. So lange, dass es bei den Jüngeren schon fast wieder ein wenig „out“oder „retro“ist, in diesem Medium zu sein, da habe ich mich dann angemeldet. Es gibt durchaus Vorteile: Ich habe frühere Freundinnen, Mitstudenten oder frühere Arbeitskollegen wieder gefunden, zu denen ich lange keinen Kontakt hatte. Es macht Spaß, von früheren Vertrauten zu hören, wie es ihnen geht und auch ein paar Bilder anzuschauen, um zu sehen, mit wem sie liiert sind oder wie groß ihre Kids bereits sind… Auch jetzt im Sommer ist es schön mitzuerleben, wo Freunde und Kollegen ihren Urlaub verbringen oder welche Schnappschüsse sie gerade von der Familie gemacht haben. Alles in Maßen, sodass es sich anfühlt wie früher, wenn man eine Postkarte von anderen aus dem Urlaub bekommen und ein wenig bewundernd und neidisch die kleinen Einblicke ins Leben der anderen genossen hat.

Richtig schlimm wird es aber dann, wenn Facebook-„Freunde“meinen, praktisch jeden Schritt, den sie machen, posten zu müssen. So zum Beispiel beim Start in den Urlaub vom Flughafen mit dem Positionierungs-Button angefangen, über das erste Bild nach der Landung, das Restaurant, die Bar, das Hotel, das Essen auf dem Tisch, die Drinks und so weiter, und einfach im stündlichen Rhythmus alles posten, was sie tun und natürlich immer dazuschreiben, wie toll es ist, was sie gerade erleben… Es sei jedem gegönnt, sich an allem zu freuen, aber wie interessant ist beispielsweise das eigene Abendessen für alle anderen wirklich? Mir scheint, heute gilt für viele: Ich poste, also bin ich. Ich poste mehr, darum bin ich wichtiger... Wir haben das diesen Urlaub mal anders versucht und den Großeltern, die nicht auf WhatsApp & Co. zugreifen können, einfach mal „Hardware“gepostet, sprich eine echte Postkarte geschickt. Dauert vielleicht länger, bis es ankommt, bleibt dafür aber bestimmt eine Weile im Regal stehen…