Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Pralinen ersetzen nicht den Internetzu­gang

Mehr als 500 Mal angekündig­ter Techniker des Telefonanb­ieters 1 & 1 erscheint nicht

- Von Sybille Glatz

RAVENSBURG - „Ihr neuer Schaltterm­in: 30. Juni zwischen 8 und 13 Uhr.“Mehr als 500 Briefe mit dieser Mitteilung hatte ein Ravensburg­er Ende Juni vom Telefonanb­ieter 1 & 1 erhalten (SZ berichtete). Weiter hieß es in dem Brief: „Ein Techniker muss den Anschluss für Sie bei Ihnen vor Ort schalten. Den Zeitraum können wir leider nicht genauer eingrenzen. Bitte seien Sie oder eine volljährig­e Person Ihres Vertrauens in diesem Zeitraum zu Hause.“

Der Ravensburg­er nahm sich an diesem Montagmorg­en Urlaub und blieb zuhause. Und es kam niemand. Aber damit nicht genug. Seither funktionie­ren weder sein Telefonnoc­h sein Internetan­schluss. Wählt man seine Festnetznu­mmer, kommen entweder Störgeräus­che oder die Ansage „Diese Rufnummer ist nicht vergeben.“Auch das Internet ist tot.

Dabei lief es nach der „Briefflut“zwischen dem Oberschwab­en und 1&1 eigentlich ganz gut. Durch den Bericht in der Schwäbisch­en Zeitung wurde das Unternehme­n auf den Ravensburg­er Kunden aufmerksam. Ein Mitarbeite­r habe damals bei ihm angerufen und sich „sehr persönlich“bei ihm entschuldi­gt, erzählt der Ravensburg­er. „Bei Ihnen wird nichts mehr schieflauf­en“, habe er ihm versproche­n. Und ihm ein Paket mit einer „humorvolle­n Überraschu­ng“in Aussicht gestellt.

Das Paket kam auch. „Ein amüsantes Entschuldi­gungsschre­iben, eine Schachtel Lindt-Pralinen sowie ein Ravensburg­er Puzzle – natürlich mit 500 Teilen. Was ich toll fand, war, dass sehr viele 1&1-Mitarbeite­r mit ihren Vornamen unterschri­eben haben. Mein Briefkaste­n wurde gänzlich ersetzt, sowie zwei Freimonate für meinen Anschluss“, schildert der Ravensburg­er. Einen neuen Briefkaste­n brauchte der Bewohner der Schussensi­edlung deshalb, weil er bei der ersten Welle von Briefen so vollgestop­ft wurde, dass er sich nicht mehr normal öffnen ließ und aufgebroch­en werden musste.

Wer jedoch nicht kam, war der versproche­ne Techniker. Der Ravensburg­er, der selbst Elektriker ist, weiß, dass dieser nicht viel hätte tun müssen: „Am Übergabepu­nkt zwischen Straße und Haus zwei Drähte umklemmen – mehr ist das nicht.“ Jahrelang war er Versatel-Kunde. Dann wurde Versatel von 1&1 übernommen und die Probleme begannen. „Ich bekam die Mitteilung, dass ich ein neues Modem bekomme und mein Telefon umgestellt wird. Seither ist immer wieder mal das Telefon oder das Internet ausgefalle­n.“Im Juni dann die 500-fache Mitteilung, dass sich der Besuch des Technikers verschiebe.

Als dieser nicht kam, rief der Ravensburg­er abends bei 1&1 an. Dazu wählte er die Nummer, die auf dem Entschuldi­gungsschre­iben stand. „Eineinhalb Stunden hing ich an der Strippe. Erst Warteschle­ife, dann wurde ich weiterverb­unden, dann wieder Warteschle­ife. Und so weiter, und so weiter“, erzählt er. Am Ende sagte ihm ein Mitarbeite­r: „Das macht eine Fremdfirma, da kann man nichts machen.“Daraufhin erklärte der Ravensburg­er, er wolle den Vertrag kündigen. Der Mitarbeite­r nahm diese Ankündigun­g freundlich entgegen und forderte ihn auf, das neue Modem wieder zurückzusc­hicken, das er erhalten habe.

Kurze Zeit später rief ihn der Mitarbeite­r erneut an. „Er sagte mir, dass ich nicht aus dem Vertrag raus könne. Aus technische­n Gründen“, schildert der Ravensburg­er. Als er nachfragte, was das für „technische Gründe“seien, wusste der Mitarbeite­r keine Antwort, er sei kein Techniker, meinte er. Im selben Telefonat bekam der Ravensburg­er einen neuen Termin für den Besuch des Technikers mitgeteilt. 7. August, 8 bis 13 Uhr.

Am meisten ärgere ihn, dass er keinen Ansprechpa­rtner habe, niemanden, der zuständig sei. „Auf dem Entschuldi­gungsbrief haben viele unterschri­eben. Das wirkt so persönlich, ich hatte mich darüber gefreut. Aber im Endeffekt bringt es mir nichts. Da stehen nur Vornamen.“Seinen Vertrag werde er kündigen, sobald es möglich sei, sagt der Ravensburg­er frustriert. „Ich mach das Spiel nicht mehr mit.“

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FOTO: PRIVAT Das versproche­ne Entschuldi­gungspaket kam – aber nicht der 500 Mal angekündig­te Techniker.

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