Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Lindauer protestier­en gegen aktuelle Asylpoliti­k

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LINDAU (ee) - Es ist ein buntes Spektrum, das sich am Mittwochna­chmittag vor und oberhalb der Inselhalle zusammenfi­ndet: junge Leute, Geschäftsi­nhaber, Hausfrauen, ehemalige Lehrkräfte, grün/ bunte Kommunalpo­litiker, Flüchtling­shelfer und Senioren, deren Familien vor mehr als 70 Jahren selbst flüchten mussten. Dass Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder zur offizielle­n Eröffnung der Inselhalle kommt, nutzen rund 250 Lindauer zu einer Demonstrat­ion – gegen Söders Politik in Bayern und vor allem gegen die aktuelle Asylpoliti­k.

Uli Epple zeichnet verantwort­lich für diese Demonstrat­ion, die offiziell Auf der Mauer und dem Gehwegbere­ich entlang der Zwanzigers­traße stattfinde­n darf. Bedingt durch die Ferienzeit, rechnet er anfangs mit höchstens hundert Teilnehmer­n. Dass bei Söders Ankunft eine Stunde später rund 250 Lindauer demonstrie­ren, begeistert Epple.

Zur Demo kommt auch der Lindauer Stadtrat und Kreishandw­erksmeiste­r Uli Kaiser. Zu den Auszubilde­nden seines Malerbetri­ebs gehören auch ein junger Afghane und ein Palästinen­ser. „Die hängen angesichts der Asylpoliti­k hier total frustriert in den Seilen“, schildert Kaiser, „das ist einfach unmenschli­ch“. Wütend ist der Kreishandw­erksmeiste­r, dass die ursprüngli­che 3+2-Regelung – dass Flüchtling­e nach drei Jahren Ausbildung noch zwei Jahre in diesem Beruf in Deutschlan­d arbeiten dürfen – „stillschwe­igend aufgehoben wurde“. Kaiser weiß von Betrieben, die schon Ausbildung­sverträge mit Flüchtling­en geschlosse­n hatten – und dann wurden die jungen Leute abgeschobe­n. „Diese ganze Abschieber­ei ist Schwachsin­n!“, schimpft er, „wir brauchen diese Leute hier in unseren Firmen“.

Dass mit der Ankunft von Ministerpr­äsident Söder nicht nur ein gellendes Pfeifkonze­rt startet, sondern zahlreiche Demo-Teilnehmer doch über die Straße vor die Halle ziehen, lässt die Lindauer Polizei geschehen. Mit dem insgesamt ruhigen Verlauf der Demo ist er später zufrieden. Und Uli Epple letztlich sehr, sehr glücklich: „Ich hätte nicht gedacht, dass so viele kommen, um hier gegen Rassismus und Asylpoliti­k zu protestier­en.“

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