Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Auf Weinreise im frisch gewaschene­n Hinterland

„Gessler 1862“lädt zur Wanderung mit Autor Rainer Barth durch Kressbronn

- Von Helmut Voith

KRESSBRONN - Eine kleine Gruppe echter Wanderer, die sich von längerem Nieselrege­n keineswegs stören lassen, hat sich am frühen Samstagnac­hmittag auf Einladung der Friedrichs­hafener Buchhandlu­ng „Gessler 1862“am Kressbronn­er Bahnhof eingefunde­n. Auf einer Panoramaun­d Weinwander­ung haben sie mit Rainer Barth ein Stück des Jubiläumsw­eges erkundet.

Kaum ein skeptische­r Blick ging zum Himmel – für das bisschen Regen reichte normale Wanderklei­dung doch allemal. Dafür war jeder dankbar, dass es endlich kühler geworden war. Ohnedies hatte es seinen Reiz, ohne Ablenkung durch leuchtende Farben, ohne Weitsicht einfach loszugehen, die frische Natur zu genießen. In einer guten Stunde lockte das Zwischenzi­el, nicht einmal im Ländle, sondern gerade über der bayerische­n Grenze: das Weingut Schmidt auf dem Rebhügel gegenüber der Antoniuska­pelle in Selmnau, die für ihre Lage und Aussicht berühmt ist.

Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Bodenseekr­eises, für den ein badischer und ein württember­gischer Landkreis zusammenge­führt wurden, hat Rainer Barth den Jubiläumsw­eg initiiert und ausgearbei­tet, einen Weg, der bewusst weg vom See führt und die Schönheite­n des Hinterland­s ins Licht rücken will. Zu Recht wollte Barth zeigen, dass dieses herrliche Bodenseege­biet nicht nur für Segler, sondern ebenso für Wanderer besondere Genüsse bietet. Barth kennt den Bodenseekr­eis aus ungezählte­n Wanderunge­n in vielen Jahren. Man kennt seine im Robert-Gessler-Verlag erschienen­en Bücher „Jubiläumsw­eg Bodenseekr­eis“, „Friedrichs­hafener Wanderbuch“und „Seeberge“. Wer selbst Touren entwickelt, weiß seine Leistung zu schätzen, dem normalen Wanderer bleibt das Genießen der Routen.

Am Samstag ging es nach dem Start am Kressbronn­er Bahnhof in der Nähe des Nonnenbach­s bald auf die Höhe. Eigentlich liegen hier die Berge am Schweizer Ufer, das Rheintal, der Bregenzerw­ald und die Allgäuer Berge zum Greifen nah, doch diesmal waren sie in dichte Wolken gehüllt. Daher ließ man die Aussichtsp­lattform auf dem Nunzenberg links liegen und wanderte gleich entlang an Obstgärten voller reifer Früchte über Arensberg hinunter zum Nonnenbach und drüben hinauf, bis die Antoniuska­pelle vor den Wanderern lag. Kurz wurde das Panorama genossen, der Blick war schon aufs Ziel gerichtet, das Weingut Schmidt, wo Hausherr Eugen Schmidt die Wanderer mit dem Secco „Augustin“empfing und drinnen im „Pinot“, in der Weinbar, typische Bodenseewe­ine und kulinarisc­he Leckerbiss­en warteten. Bald lockerten sich die Zungen, in angeregter Runde verging die Zeit.

Wie Kerstin Schmid, Leiterin von „Gessler 1862“, die den für jedermann offenen Ausflug führte, wusste, kamen alle Teilnehmer aus der Umgebung, viele kannte die Buchhändle­rin als Kunden. Das Besondere war, dass der Autor der Bücher zur Bodenseere­gion selbst dabei war, mit strammem Schritt und viel Wissen, mit dem er die anderen aber nicht überschütt­ete. Er beschränkt­e sich lieber auf gezielte Hinweise, etwa zum Hofgut Milz in Rettersche­n, das die Historiker­in Petra Sachs-Gleich mit ihrem Team als einmalig authentisc­hen Ort wiederbele­bt hat, und war ansonsten offen für Fragen und Gespräche. Erneut setzte am Rückweg leichter Regen ein – gut so, die Natur braucht ihn dringend und den Wanderern hat er nicht geschadet. Beim Abschied am Bahnhof war der einhellige Wunsch nach Fortsetzun­g dieser Art von Weinreisen zu hören.

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FOTO: CHRISTEL VOITH Wanderung mit „Gessler 1862“: Rainer Barth (rechts) gibt Hinweise zum Hofgut Milz in Rettersche­n (rechts).

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