Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Silphie“bringt Vielfalt in die Energielandschaft
Pflanze liefert Insekten reichlich Nahrung – und wird bis zu drei Meter hoch
HERGENSWEILER - Sie blüht noch immer: die „Durchwachsene Silphie“auf dem Versuchsfeld von Johannes Schneider in Hergensweiler. Vergangene Woche haben auf Einladung des Vereins „Renergie Allgäu“gut zwei Dutzend Besucher die Pflanzen auf der 0,6 Hektar großen Anbaufläche in Augenschein genommen. LeaderKoordinator Uwe Kießling informierte über das von der EU geförderte Projekt, an dem acht Landwirte aus den vier Allgäuer Landkreisen teilnehmen.
Die Silphie, ursprünglich in Nordamerika beheimatet, soll für Biogasanlagen ähnliche Erträge wie der Mais bringen. Sie hat gegenüber dem Mais viele Vorteile. Der gelbblühende Korbblütler ist eine Dauerkultur, bringt 15 bis 17 Jahre gute Erträge. Im ersten Jahr bildet die Silphie nur Rosetten. Um keinen Ertragsausfall zu haben, wird eine Mischsaat mit Mais ausgebracht. Ab dem zweiten Jahr übernimmt die Silphie das Regiment, wird bis zu drei Meter hoch. Sie braucht keine Pflanzenschutzmittel mehr und 30 Prozent weniger Stickstoff als Mais. Die Wurzeln reichen bis zu zwei Meter in den Boden, wirken der Bodenerosion entgegen, sorgen für Humusbildung. Die Pflanze bietet sich also auch für Hanglagen an.
Wasserreservoir für Vögel
Durch die besondere Form der Blätter kann sich in ihnen Regen- und Tauwasser sammeln. Vögel und Insekten wissen das zu schätzen. Ein ganz wichtiger Aspekt: Im Sommer, wenn kaum mehr etwas blüht, steht die Silphie über Monate in voller Blüte. Sie ist dann ein Tummelplatz für Bienen, Wildbienen, Schwebfliegen und andere Insekten. Das haben Johannes Schneider und Imker Reinhold Bayer aus Mollenberg schon in diesem Jahr beobachten können. Reinhold Bayer hat drei Kästen mit schwachen Ablegern von Bienenvölkern am Rand von Schneiders Feld aufgestellt. Und die Bienen hätten jede Menge Pollen eingetragen, berichtet der Imker.
Noch einen Vorteil bietet die Silphie gegenüber dem Mais: „Wildschweine mögen die Pflanze nicht“, erklärt Kießling. Niederwild gehe dagegen gerne rein, man habe auf einem Feld schon Hasen springen sehen.
Den einzigen möglichen Wermutstropfen nennt Schneider: Es könne sein, dass das starke Wurzelwerk Drainagen beschädigt. Was ihm und Uwe Kießling an dem Projekt wichtig war: Wie fällt die Resonanz der Öffentlichkeit auf den Anbau dieser Pflanze aus? Er habe schon viele Gespräche geführt und bisher nur positive Rückmeldungen bekommen, sagt Schneider. Sein Feld liegt am Bodensee-Königssee-Radweg und auch Radler haben sich schon nach der Silphie erkundigt. Kießling hat bisher ebenfalls nur Positives vernommen. Auch aus den Reihen der Anwesenden kommt an diesem Tag viel Zustimmung. „Solche Projekte unterstützen wir gerne“, stellt Mariam Luke, Regionalmanagerin der Regionalentwicklung Westallgäu-Bayerischer Bodensee, fest. Das über drei Jahre laufende Gesamtprojekt im Allgäu werde mit Leader-Mitteln in Höhe von 82 000 Euro gefördert.
Johannes Schneider, der eine 125kW-Biogasanlage betreibt, hinterfragt bei dieser Gelegenheit die Energiepolitik der Bundesregierung. Diese sei katastrophal, weil sie immer noch auf die Hauptsäule Braunkohle setze. Es brauche einen Energiemix mit einem stärkeren Anteil regenerativer Energien. Und eine EEG-Nachfolgevergütung beim Einsatz alternativer Pflanzen wie der „Durchwachsenen Silphie“. Darüber, dass es den Klimawandel gibt, brauche man wohl nicht mehr zu diskutieren, stellt Schneider fest. Am Ende der Veranstaltung heißt es, Blütenhonig à la Silphie zu verkosten. Schneiders Sohn Elias reicht die Schnittchen herum. Und das übereinstimmende Urteil der Anwesenden lautet kurz und bündig: „Schmeckt!“