Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Endlich fertig: Haus der katholischen Kirche öffnet
Beim Brandschutz und Fluchtwege-Konzept nachgebessert - Pfusch am Bau hat rechtliches Nachspiel
RAVENSBURG - Mit fast einem Jahr Verspätung öffnet am Sonntag das Haus der katholischen Kirche in Ravensburg. Grund für die lange Verzögerung waren unter anderem Mängel beim Brandschutz. Da noch rechtliche Auseinandersetzungen mit Unternehmen laufen, denen die Kirche Pfusch am Bau vorwirft, können die dadurch entstandenen Mehrkosten noch nicht beziffert werden.
Das Haus der katholischen Kirche sollte 4,7 Millionen Euro kosten. Im Oktober 2017 wurde es eingeweiht, aber am Tag darauf schon wieder geschlossen. Wegen der Mängel beim Brandschutz und dem FluchtwegeKonzept war erst mal nicht daran zu denken, dass Gemeindemitglieder und Besucher ein und aus gehen. Die Fehler mussten erst zeitaufwendig und teuer ausgebügelt werden.
Bei der Brandmeldeanlage fehlte es an der nötigen Vernetzung zwischen Rauchmeldern, Hausnotruf und automatischer Öffnung der Rauchabzüge, wie Pfarrer Hermann Riedle erklärt. Die Decken im gerade neu gebauten Gebäude mussten an 18 Stellen wieder geöffnet und zusätzliche Kabel verlegt werden.
Pfarrer bleibt trotz Ärger ruhig
Die Fluchtwege, die der Architekt festgelegt hatte, waren laut Riedle ebenfalls nicht ausreichend. Deswegen musste ein weiterer Notfall-Ausweg aus dem oberen Stockwerk gefunden werden – er führt jetzt durch das Treppenhaus des Altbaus. Damit im Erdgeschoss die Ausgangstüre frei ist, musste eine gerade neu eingezogene Wand wieder entfernt und das an dieser Stelle geplante Büro verlegt werden.
Richtig ärgerlich wirkt Pfarrer Riedle aber trotz der extremen Verzögerung nicht. „Wenn einmal der Wurm drin ist, dann halt richtig“, sagt er. Nun sei er froh, dass die Gemeinden das Haus endlich nutzen können. „Alles andere bekommen wir geregelt.“
Mit einem Unternehmen, das am Rohbau mangelhafte Arbeit abgeliefert hat, habe die Kirche in einer Schlichtung eine Einigung erzielt, sagt Riedle. Ob die weiteren Fälle von Pfusch vielleicht sogar vor Gericht landen, sei noch ungewiss. Daher könne er auch auch die Mehrkosten noch nicht genau benennen. Tragen müssen sie die beiden Ravensburger Kirchengemeinden Liebfrauen und St. Jodok sowie die Gesamtkirchengemeinde.
Weniger Platz, aber barrierefrei
Das neue Gebäude ist barrierefrei und behindertengerecht – anders als die Gemeindehäuser St. Jodok und Liebfrauen, die beide um 1970 eingerichtet wurden. Wer mit Rollstuhl oder Rollator kommt, hat es künftig leichter. Die Türen zum Haus öffnen sich automatisch, der 130 Quadratmeter große Gemeindesaal liegt im Erdgeschoss – bisher waren die größte Säle, die die katholischen Kirchengemeinden hatten, nur 80 Quadratmeter groß. Weitere Gemeinderäume im zweiten Stock des Neubaus sind mit dem Aufzug zu erreichen. Im ersten Stock befinden sich die Büros der Kirchenpflege.
Durch den Neubau ist die katholische Kirche in Ravensburg zusammengerückt und hat jetzt viel weniger Platz als bisher. Zuletzt standen der katholischen Kirche in Ravensburg 1000 Quadratmeter an sechs Standorten zur Verfügung, heute sind es nur noch 500 Quadratmeter an vier Standorten (Haus der katholischen Kirche, die Gemeindehäuser Liebfrauen/Heilig-Kreuz in der Nordstadt, St. Christina am Schornreuteweg im Osten der Stadt und Christkönig in der Südstadt). Riedle sagt: „In den 70er-Jahren gab es viele Gemeindegruppierungen. Das ist seither zurückgegangen.“Die Gemeindehäuser St. Jodok und Liebfrauen wurden verkauft. Beide Gemeinden haben ihr Domizil jetzt im Neubau. Dort wurden Pfarrbüros zusammengelegt und die Kirchenpflege kompakt untergebracht.
Welchen Platzbedarf die Kirche nach weiteren 50 Jahren hat, ist für Riedle schwer zu sagen. Die Büros im ersten Stock des Neubaus sind mit Trockenbau-Wänden voneinander getrennt, die leicht wieder entfernt werden können. So soll das Gemeindezentrum laut Riedle mindestens die nächsten 50 Jahre oder noch länger für die Kirche nutzbar sein.