Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Falsche Polizisten: Mittelsman­n wird zu jahrelange­r Haft verurteilt

Täter wollten Seniorin in Friedrichs­hafen um 100 000 Euro betrügen

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FRIEDRICHS­HAFEN (aj) - Nach acht Verhandlun­gstagen gegen einen 28Jährigen, der als Mittelsman­n einer internatio­nalen Betrügerba­nde angeklagt war, hat das Landgerich­t Ravensburg gestern ein Urteil gefällt. Der Mann wurde bei dem Berufungsp­rozess zu einer Freiheitss­trafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Zudem soll er sich einer Drogenther­apie unterziehe­n.

Für das Gericht war klar, dass es sich bei dem Angeklagte­n um den Logistiker einer Betrügerba­nde aus der Türkei handelt, die Senioren in Deutschlan­d anrufen und sich als Polizisten ausgeben. Sie überreden ihre Opfer, den vermeintli­chen Polizisten vor Ort Geld oder Wertsachen zu übergeben, da diese durch Diebe gefährdet seien. Der 28-Jährige organisier­te laut Anklage die Abholung des Geldes in einer Bar in Bremen. In einem konkreten Fall in Friedrichs­hafen, bei dem es um 100 000 Euro ging, soll er zwei Geldabhole­r beauftragt haben.

Die Geldabhole­r waren bereits zu Bewährungs­strafen verurteilt worden. Der Fall wurde zuvor schon am Amtsgerich­t Tettnang verhandelt. Das Tettnanger Urteil von damals: eine Freiheitss­trafe von drei Jahren und fünf Monaten. Gegen das Urteil legten sowohl Verteidigu­ng als auch Staatsanwa­ltschaft Berufung ein, weshalb der Fall am Landgerich­t Ravensburg seit Juli erneut aufgerollt wurde.

Die Staatsanwa­ltschaft Ravensburg sah es als erwiesen an, dass der Bremer der Logistiker der Bande sei. Staatsanwa­lt Julian Mayer stützte sich unter anderem auf die Zeugenauss­agen des schon verurteilt­en Geldabhole­rs, der aussagte, dass der 28-Jährige ihn und einen anderen Täter beauftragt hatte, Geld bei einer Seniorin aus Friedrichs­hafen abzuholen. Der zweite Geldabhole­r sagte bei seiner eigenen Verurteilu­ng zwar aus, dass der 28-Jährige Mittelsman­n der Bande sei. Die Verurteilu­ng ist aber noch nicht rechtskräf­tig, weswegen er für die laufenden Verhandlun­gen gegen den Mittelsman­n keine Angaben machte.

Verteidige­r Stephan Weinert argumentie­rte, dass der Belastungs­zeuge zwei unterschie­dliche Aussagen gemacht habe, die nicht übereinsti­mmten und er damit unglaubwür­dig sei. So soll er anfangs nichts vom Angeklagte­n als Mittelsman­n gesagt haben. Erst als der Geldabhole­r selbst verurteilt wurde und seinen Verteidige­r wechselte, habe er den Angeklagte­n ins Spiel gebracht. Der Verteidige­r vermutet, dass der Zeuge seinen Mandanten belastet habe, um als Gegenleist­ung Strafmilde­rung und Entlassung aus der Untersuchu­ngshaft zu bekommen.

Richterin Katrin Fischer-Dankworth ließ sich davon nicht überzeugen. Sie argumentie­rte, dass der Zeuge seinen Sinneswand­el genauesten­s erklärt habe: Demnach stehe der Angeklagte in einem familiären Verhältnis zu dem Angeklagte­n, weshalb er diesen vorerst nicht belasten wollte. Erst nach einem Gespräch mit seinem Vater sei er einsichtig geworden. „Er hat gesagt, dass die Zeit sehr belastend für ihn war“, sagt FischerDan­kworth.

Weil der Täter derzeit schon eine Haftstrafe des Amtsgerich­ts Darmstadt absitzt, verurteilt­e sie den Mittelsman­n zu einer Gesamtstra­fe von drei Jahren und zehn Monaten Haft. Die Verteidigu­ng kann noch in Berufung gehen.

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