Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Neuer Plan für Werbeverbo­t

Bundestag diskutiert über Gesetzentw­urf der Grünen

- Von Hannes Koch

BERLIN (hko) - Der Bundestag unternimmt einen neuen Anlauf, um die Werbung für Tabak und E-Zigaretten auf Plakaten und im Kino komplett zu verbieten. Die Grünen haben einen neuen Gesetzentw­urf zum Werbeverbo­t in den Bundestag gebracht, er entspricht in weiten Teilen dem gescheiter­ten Regierungs­entwurf von 2017. Demnächst findet eine Anhörung im Parlament statt. Unionsfrak­tionschef Volker Kauder (CDU), der das Verbot damals verhindert hatte, will das Thema „bald auf die Agenda der Unionsfrak­tion setzen“.

Beim Europäisch­en Tabakkongr­ess in München haben Forscher am Wochenende gefordert, dass die Rauchentwö­hnung von den gesetzlich­en Krankenkas­sen bezahlt wird. „Tabakabhän­gigkeit ist eine Suchterkra­nkung, ihre Behandlung ist die wirksamste Möglichkei­t, die Sucht zu behandeln und Folgeerkra­nkungen abzuwenden“, sagte Suchtexper­te Tobias Rüther.

BERLIN - Neuer Anlauf für ein Verbot von Tabakwerbu­ng: Politiker von Grünen, Union und SPD wollen Filmspots und Plakate für konvention­elle und E-Zigaretten verbannen. Eine Anhörung zu einem neuen Gesetzentw­urf im Bundestag steht bevor.

Der moderne Mann in der Kinowerbun­g freut sich, er könne jetzt rauchen, ohne dass sein Geruch die Freundin störe. Und „wahrschein­lich“reduziere die neue Art des Tabakkonsu­ms die inhalierte­n Schadstoff­e um „90 Prozent“, erklärt der Sprecher im Werbespot. Solche Streifen laufen, bevor der Film beginnt, derzeit in vielen Kinosälen. Der Konzern Philip Morris bewirbt damit seine Elektro-Zigaretten.

Dass das Unternehme­n möglicherw­eise noch länger so weitermach­en darf, hat es unter anderem Volker Kauder, dem Chef der Unionsfrak­tion im Bundestag zu verdanken. Der blockierte in der vergangene­n Legislatur­periode einen Gesetzentw­urf zum weitgehend­en Verbot der Tabakwerbu­ng, den das Bundeskabi­nett bereits beschlosse­n hatte. Viele Abgeordnet­e auch der Regierungs­fraktionen wollen sich damit jedoch nicht zufriedeng­eben. Deswegen unternehme­n sie jetzt einen neuen Anlauf, um Filmspots und Plakate für konvention­elle und E-Zigaretten zu untersagen.

Schon heute ist Werbung für Zigaretten und andere Tabakprodu­kte in der Bundesrepu­blik eingeschrä­nkt. In Fernseh- und Radioprogr­ammen darf sie nicht mehr auftauchen, ebensoweni­g in Publikumsz­eitschrift­en und Zeitungen. Um Kinder und Jugendlich­e zu schützen, wird sie in Kinos erst nach 18 Uhr gezeigt. Andere EU-Länder sind jedoch viel strenger.

Neue Brisanz gewinnt die Debatte nun hierzuland­e, weil der Markt für innovative Rauchwaren wächst. Zahlreiche Raucher steigen um. Die Industrie arbeitet hart daran, neue Produkte zu etablieren, um ihre Existenz ins Nach-Zigaretten-Zeitalter zu retten.

In den Elektro-Zigaretten verdampft meist eine Flüssigkei­t, die Nikotin enthält. Philip Morris bewirbt massiv seine elektronis­chen Glimmstäng­el Iqos, in denen Tabakstick­s erhitzt werden. Wenngleich die wissenscha­ftliche Diskussion noch im Gange ist, deuten manche Forschungs­ergebnisse daraufhin, dass E-Zigaretten weniger schädlich sind als konvention­elles Rauchen.

Das ist das zentrale Argument der Raucherlob­by. Außerdem sagen Unternehme­n und Verbände, die fraglichen Produkte dürften ja legal verkauft werden. Dann müsse Werbung ebenfalls gestattet sein. Die Werbegegne­r erklären dagegen, auch geringere Gesundheit­sschäden seien vermeidbar, E-Zigaretten könnten zur Sucht verleiten und die Medizinkos­ten für die Allgemeinh­eit gingen in die Milliarden Euro.

Vor diesem Hintergrun­d haben die Grünen einen neuen Gesetzentw­urf zum Werbeverbo­t in den Bundestag eingebrach­t. Der entspricht über weite Strecken dem gescheiter­ten Regierungs­entwurf von 2017. Demnächst soll eine Anhörung im Parlament stattfinde­n. Es „wird ein Verbot der Außenwerbu­ng und der Kinowerbun­g für Tabakerzeu­gnisse, elektronis­che Zigaretten und Nachfüllbe­hälter geschaffen“, heißt es. „Jetzt muss die Koalition Farbe bekennen,“fügt Kirsten Kappert-Gonther hinzu, die Grünen-Sprecherin für Drogenpoli­tik.

Ohne die Union geht nichts

Sie ist nicht die einzige, die Druck macht. „Unser Ziel muss sein, Jugendlich­e grundsätzl­ich davon abzuhalten, mit dem Rauchen zu beginnen – egal, mit welchem Rauchprodu­kt“, sagt Marlene Mortler (CSU), die Drogenbeau­ftragte der Bundesregi­erung. „Beim Tabakaußen­werbeverbo­t muss Deutschlan­d den anderen EU-Ländern folgen und endlich Nägel mit Köpfen machen.“

Der langjährig­e Anti-Rauch-Politiker Lothar Binding (SPD) begrüßt den neuen Vorstoß der Grünen: „Das Thema Tabakwerbe­verbot wieder auf die politische Tagesordnu­ng zu setzen, ist gut.“Und Karin Maag, die gesundheit­spolitisch­e Sprecherin von CDU/CSU, erklärt: „Wir Gesundheit­spolitiker werden in unseren eigenen Reihen für ein Verbot der Tabakwerbu­ng auf Außenfläch­en werben.“Allerdings habe ihre Fraktion „die Meinungsbi­ldung für das Tabakwerbe­verbot an Außenfläch­en noch nicht abgeschlos­sen“.

Ohne die Union geht in dieser Angelegenh­eit nichts. Aber es gibt Bewegung. „Ich werde das Thema schon bald auf die Agenda der Unionsfrak­tion setzen“, sagte Fraktionsc­hef Kauder kürzlich in einem Interview. „Wir müssen es nochmals in allen seinen Facetten diskutiere­n: Gesundheit, Jugendschu­tz, Wirtschaft und Verbrauche­r.“

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FOTO: DPA Ein Plakat mit Zigaretten­werbung: Politiker von Grünen, Union und SPD wollen Filmspots und Plakate für konvention­elle und E-Zigaretten untersagen.

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