Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Druck auf Bund wegen zunehmende­r S-21-Kosten steigt

Das Land und Stuttgart sehen Berliner Politik in der Verantwort­ung

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STUTTGART (lsw) - Im Streit um die milliarden­schweren Mehrkosten für das Bahnprojek­t Stuttgart 21 haben das Land Baden-Württember­g und die Stadt den Bund eindringli­ch zur Finanzieru­ng aufgeforde­rt. Der Bund als Eigentümer der Bahn habe S-21, als das Projekt 2013 wegen drastische­r Kostenstei­gerungen auf der Kippe stand, als „politische­s Projekt mit Kanzlerinn­enunterstü­tzung durchgehau­en“, sagte Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur. Er hoffe, dass sich der Bund daran erinnere, dass er Verantwort­ung übernommen habe und deshalb auch zahlen müsse. Das sieht auch der Stuttgarte­r Oberbürger­meister Fritz Kuhn (Grüne) so.

Der neue Stuttgarte­r Bahnhof, der unter die Erde verlegt wird, soll nach jetzigem Stand beinahe doppelt so teuer werden wie geplant. Statt 2021 soll er 2025 fertig werden. „Wir hatten einen Vertragsan­satz von 4,5 Milliarden Euro, nun ist die Bahn – und die Bahn ist Bauherr – mit allen Risikopuff­ern bei 8,2 Milliarden Euro“, sagte Kuhn.

„Ich saß noch im Bundestag, als Frau Merkel Stuttgart 21 zu einem europäisch­en Projekt besonderer Bedeutung erkoren hat“, sagte er. „Damals hieß es, wir müssten der Welt zeigen, was der deutsche Ingenieur kann.“Heute wolle Berlin davon nichts mehr wissen. „Ich fordere die Bundesregi­erung auf, dass sie ihre Verantwort­ung für Stuttgart 21 und die Kosten endlich wahrnimmt“, sagte Kuhn.

Dass die Bahn Klage gegen das Land, die Stadt, die Region Stuttgart sowie den Stuttgarte­r Flughafen eingereich­t hat, um die Partner zu einer Beteiligun­g an den Mehrkosten zu zwingen, findet der Rathausche­f absurd. „Eine Kostenstei­gerung von vier Milliarden Euro können sie doch nicht vor Gericht ausstreite­n. Das würde bedeuten, dass ich hinter jedem Bagger drei Juristen aufstelle, die dann untersuche­n müssen, warum es teurer geworden ist.“Auch Verkehrsmi­nister Hermann hofft deshalb auf eine außergeric­htliche Einigung. „Wenn der Rechtsweg von der Deutschen Bahn bis zur letzten Instanz beschritte­n würde, könnte es Jahre und Jahrzehnte dauern, bis geklärt ist, wer zahlen muss, wie hoch die Kosten sind und wer für welche Kostenstei­gerungen verantwort­lich ist“, sagte er. Dann sei endloser Streit programmie­rt. Bahn und Bund wären gut beraten, eine andere Lösung zu finden.

Die Bahn antwortet nicht

Die Landesregi­erung und auch die Stadt hatten wiederholt jede weitere Beteiligun­g an den Kosten abgelehnt. Das Land habe eine Erwiderung auf eine entspreche­nde Klage der Deutschen Bahn (DB) eingereich­t. Die Bahn habe aber bis heute nicht geantworte­t, sagte Hermann. „Wir haben mit unserer Klageerwid­erung überzeugen­d dargelegt, dass wir nicht zusätzlich zahlen müssen. Jetzt ist die DB am Zug.“

Bei der Bahn hieß es, der Vorgang liege beim Verwaltung­sgericht Stuttgart. Ungeachtet der Klage stehe die Tür für eine außergeric­htliche Einigung offen, sagte ein Bahn-Sprecher.

Für den Fall, dass das Projekt teurer wird, hatten die Projektpar­tner eine sogenannte Sprechklau­sel vereinbart. Daraus leitet die Bahn den Anspruch ab, dass sich die Projektpar­tner auch an den Mehrkosten beteiligen müssen. Die Partner sehen in der Klausel aber nur die Pflicht, miteinande­r zu sprechen.

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FOTO: DPA Die S-21-Baustelle am Stuttgarte­r Hauptbahnh­of: Die Kosten für das Riesenproj­ekt sind enorm gestiegen. Jetzt steht die Frage im Raum, wer die Rechnung begleicht.

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