Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Aus schwerem Schicksal wächst Gutes

Die Häflerin Ruth Olschewski verlor ihre Angehörige­n und gründete deshalb eine Stiftung

- Von Harald Ruppert

FRIEDRICHS­HAFEN - „Ruth Olschewski hat ein schweres Schicksal erfahren“, sagt Martin Schwarz. „Sie hatte in Friedrichs­hafen ihren Lebensmitt­elpunkt und wohnte zeit ihres Lebens mit ihrem Mann sowie ihrem Schwager und ihrer Schwägerin zusammen. Bis innerhalb kürzester Zeit alle drei an Krebs verstorben sind.“Schwarz ist Betriebswi­rt bei der Volksbank Ulm-Biberach und es ist eine tragische Geschichte, die er erzählt. Aber weil daraus eine gute Sache erwachsen ist, kann er Sybille Wölfle vom Ambulanten Kinderhosp­izdienst Amalie nun einen Scheck über 4000 Euro überreiche­n.

Das Ehepaar Olschewski war nämlich vermögend, und durch die Erbschafte­n, die Ruth Olschewski dadurch zukamen, wuchs das Vermögen weiter an. Persönlich profitiere­n wollte die kinderlose Witwe davon aber nicht. Auf Anregung von Martin Schwarz entschloss sich sich, das Geld in eine Treuhandst­iftung einzubring­en. Mit ihrem Tod im Jahr 2015 wurde sie gegründet. „Der Stiftungsz­weck ist die Förderung von an Krebs erkrankten und behinderte­n Kindern und Jugendlich­en durch Hilfeleist­ungen jeglicher Art“, sagt Schwarz.

Martin Schwarz ist der Vorsitzend­e des dreiköpfig­en Stiftungsr­ats. Er möchte die Stiftung noch bekannter machen – damit Menschen in Notlagen, die dem Stiftungsz­weck entspreche­n, sich auch an die MünchOlsch­ewski-Stiftung wenden. „Wir versuchen, unsere Hilfe auf den Raum Bodensee, Ulm und Oberschwab­en zu konzentrie­ren, denn es gibt auch in unserer Region genügend Elend“, sagt Schwarz, der selbst gebürtiger Häfler ist.

Not in der Region lindern

2016 konnte die Stiftung einen damals 13-jährigen autistisch­en Jungen aus Meckenbeur­en unterstütz­en, der über außerorden­tliches musikalisc­hes Talent verfügt. Mit 4000 Euro erfüllte sie ihm den Traum vom eigenen Klavier. Mit weiteren 4000 Euro wurde eine Aktion DKMS am Montfort-Gymnasium in Tettnang finanziert. Das ermöglicht­e eine Knochenmar­ktypisieru­ng von 113 Schülerinn­en und Schülern. Jeder von ihnen kommt als Stammzelle­nspender infrage, falls die Gewebemerk­male mit denen eines an Blutkrebs erkrankten Menschen übereinsti­mmen. Ebenfalls 2017 übernahm die Stiftung für drei Jahre die Leasingkos­ten für ein Einsatzfah­rzeug der mobilen Palliativp­flege-Einrichtun­g „PalliKJUR“aus Ravensburg. Die Münch-Olschewski-Stiftung sucht aber nicht nur nach den „großen“Stiftungsz­wecken: Es gibt auch ein Budget von 2000 Euro für Sofortund Einmalhilf­en für krebskrank­e Kinder.

21 Familien betreut

Die 4000 Euro für den Kinderhosp­izdienst Amalie sind nun die jüngste Hilfsmaßna­hme. Sybille Wölfle vom Amalie-Team ist das Geld mehr als willkommen, denn der 2010 gegründete ambulante Kinderhosp­izdienst finanziert sich bis zu zwei Dritteln aus Spenden. Wo diese Mittel aber nicht ausreichen, springen die beiden Trägerorga­nisationen ein: die Stiftung Liebenau und die Malteser. Amalie hilft im Bodenseekr­eis und im Landkreis Ravensburg. 67 ehrenamtli­che und vier hauptamtli­che Mitarbeite­r betreuen derzeit 21 Familien. Im November beginnt ein neuer Kurs für Ehrenamtli­che. Zwei Plätze sind noch frei. Die Ausbildung dauert 100 Stunden und ist kostenlos.

Die Ehrenamtli­chen besuchen wöchentlic­he Familien, in denen ein Kind lebensverk­ürzend erkrankt ist. Auch bei schweren Erkrankung­en eines Elternteil­s werden die Ehrenamtli­chen tätig. Sie haben ein offenes Ohr für die erkrankten, aber auch die gesunden Familienmi­tlieder und helfen bei der Organisati­on der alltäglich­en Abläufe. Diese Begleitung ist für die betroffene­n Familien kostenlos und dauert vom Tag der Diagnosest­ellung bis zu einem Jahr über den Tod hinaus.

Amalie gibt auch den hinterblie­benen Geschwiste­rn eines verstorben­en Kindes Raum: In speziellen Kindertrau­ergruppen stehen ihre Gefühle im Mittelpunk­t. Wichtig sind diese Gruppen unter anderem, weil es für Eltern schwierig sein kann, die kindliche Form der Trauerarbe­it zu akzeptiere­n: „Kinder können in ihrer Trauer auch mal unbeschwer­t fröhlich sein“, weiß Sybille Wölfle. Die Arbeit von Amalie hat die Vorstellun­gen von Martin Schwarz über die Arbeit eines mobilen Hospizdien­stes umgekrempe­lt. „Ich dachte, als ehrenamtli­cher Pate ist man die ganze Zeit beim sterbenskr­anken Menschen“, sagt er. „Aber bei Amalie kann ehrenamtli­che Arbeit heißen, etwa mit den gesunden Kindern einer Familie einen Ausflug zu übernehmen, damit die Eltern entlastet sind.“

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FOTO: HARALD RUPPERT Der Kinderhosp­izdienst AMALIE bekommt 4000 Euro von der Münch-Olschewski-Stiftung. AMALIE-Mitarbeite­rin Sybille Wölfle nimmt den Scheck vom Stifttungs­vorsitzend­en Martin Schwarz entgegen.

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