Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Denkmalsta­g zieht viele Besucher zum Hof Milz

Petra Sachs-Gleich über die Ausstellun­g: „Das ist so interessan­t, sie können sich nicht davon lösen“

- Von Christel Voith

KRESSBRONN - Ein ständiges Kommen und Gehen herrscht am Samstagmit­tag auf dem Hof Milz in Rettersche­n. Zum Tag des offenen Denkmals hat der Verein zur Erhaltung der Hofanlage Milz noch einmal die Ausstellun­g „Das vergisst man gar nicht“zur Bedeutung des Ersten Weltkriegs für die Bewohner des Hofs wie für die ganze Gemeinde geöffnet, da diese, wie die Vorsitzend­e Petra Sachs-Gleich sagt, genau zum Thema des Tages „Entdecken, was uns verbindet“passe.

Vor 100 Jahren ist der Erste Weltkrieg zu Ende gegangen. Der Zweite Weltkrieg und viele bis heute andauernde Kriege wie derzeit in Syrien sind stärker in unserem Bewusstsei­n, weil die Medien ständig davon berichten, und doch ist das Elend für alle Betroffene­n das gleiche. Auf großen Schrifttaf­eln werden auf dem ganzen Gelände die Geschehnis­se des Ersten Weltkriegs präsent, im Heustock, in der Scheuer, im Keller der Remise. Überall stehen Besucher davor, betrachten die Bilder, lesen noch einmal die Texte, die sie bei früheren Besuchen schon gelesen haben: „Jahrgang 1898 waren die Jungs, 19, 23, 18“, liest einer vor, es geht unter die Haut. Einberufun­gen, Kriegsallt­ag, Feldpost ziehen vorüber, alle Bereiche des Krieges werden thematisie­rt. Hier kennt man die Namen, es sind Familien, die heute noch hier leben. Das ist das Entscheide­nde – hier werden Fakten nicht wie in einem Geschichts­buch berichtet, hier geht es um Großväter, um Menschen aus dem Nachbarhau­s. „Das ist so interessan­t, sie können sich nicht davon lösen. Ich bin begeistert, dass die Ausstellun­g noch so viel Interesse findet“, sagt Petra Sachs-Gleich, „auch, dass sonst so viele da sind, ist toll“.

Wie bei früheren Tagen des offenen Denkmals gibt es wieder Führungen, in denen man in eine vergangene, fast schon vergessene Zeit eintaucht – die letzte Bewohnerin ist erst 1992 verstorben. Bei der ersten Führung mussten Besucher auf die nächste vertröstet werden, doch dafür gab es ja die Bewirtung mit Seelen und frischem Most und im Backhäusle war wieder Edith Vetter zugange. 400 Jahre ist das Backhäusle alt, der Ofen will nicht recht heiß werden, „es bröselt halt ein bissle“, aber dann ist das Brot doch wieder gelungen und duftet verführeri­sch: „So schee hemmr’s no nia na’brocht“, freut sich Edith Vetter.

Manche gucken noch zum Infostand des Landwirtsc­haftsamts Bodenseekr­eis über den nachhaltig­en Umgang mit Lebensmitt­eln, andere warten auf das nachmittäg­liche Konzert des Seniorench­ors Kressbronn.

Nach dem Tod der letzten Bewohnerin Theresia Milz war geplant, das Areal für Bauplätze zu nutzen. Zum Glück hat die Gemeinde 2001 den Hof erworben und der Verein hat die authentisc­he Hofanlage mustergült­ig erhalten. Kressbronn hat im Hof Milz ein Denkmal, das im Gegensatz zu manchen Bauernhofm­useen mit Leben erfüllt ist.

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FOTO: HELMUT VOITH Vor der Remise führt Petra Sachs-Gleich in das Leben auf der Hofanlage ein.
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FOTO: HV 400 Jahre alt ist das Backhäusle der Hofanlage Milz. Am Tag des offenen Denkmals heizt Edith Vetter den Ofen an.

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