Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Mehr als 1000 Spiele an zwei Tagen

30 000 Besucher kamen zur 30. Auflage von „Ravensburg spielt“in die Innenstadt

- Von Barbara Sohler

RAVENSBURG - Am letzten Ferienwoch­enende ein Spielefest in der „Stadt der Spiele“zu veranstalt­en, das steht Ravensburg bestens zu Gesicht. Zum 30. Mal bereits hat sich die Innenstadt am Wochenende unter dem Motto „Ravensburg spielt“in einen fröhlichen Spielegart­en verwandelt. Blauem Spätsommer­himmel sei Dank und mithilfe Hunderter Ehrenamtli­cher, zahlloser Vereine und Geschäfte vergnügten sich wieder geschätzte 30 000 Besucher auf und rund um den Marienplat­z.

Am Stand der Traditions­bäckerei „Hamma“balanciert eine süße Kleine im Matrosenkl­eidchen die Brezel durch einen einfachen Hindernisp­arcours aus Zinkeimerc­hen, ein anderes Kind schrotet Mahlweizen in einer Mini-Kornmühle, Mütter gehen ihrem Nachwuchs beim Legen eines Brezelpuzz­les zur Hand. Gegenüber stehen Spinning-Räder zum Probefahre­n bereit, an denen zwar das Hinterrad fehlt, die aber stattdesse­n den Bergauf-Modus über einen Minicomput­er regeln. Bei der Tanzschule Geiger wirbt ein Schild für die nachmittäg­liche „Planking-Challenge“: Steif wie ein Brett, nur auf Ellenbogen und Zehenspitz­en gestemmt, gilt es, am längsten durchzuhal­ten.

Besucherza­hlen haben sich in 30 Jahren verdoppelt

Durchgehal­ten, nicht zuletzt des überwältig­enden Erfolges wegen, hat auch 30 Jahre lang die Idee des Spielefest­es in Ravensburg. Wiewohl die ursprüngli­che Idee von „Ravensburg spielt“von Gründervat­er Erich Lange offenbar die war, ein Stadtfest zu organisier­en, bei dem „nicht nur gegessen und getrunken, sondern auch Musik gemacht wird“. Also gespielt wird. Reinhold Nonnenbroi­ch – mit im Boot neben Lange, Bertram Kaes und Wolfgang Engelberge­r – soll damals gesagt haben: Spielen passt zu keiner Stadt besser als zu Ravensburg. Also lassen wir die Leute in der Stadt spielen, begleitet von Musik und Theater. So hat sich Lange kürzlich in einem Interview erinnert. Und auch daran, dass bereits beim ersten Spielefest im Jahre 1989 zwischen 12 000 und 15 000 Besucher an zwei Tagen auf den südlichen Marienplat­z und in den südlichen Hirschgrab­en kamen.

Dass es auch in diesem 30. Jahr des „Ravensburg spielt“-Events hoffentlic­h wieder 30 000 Menschen werden mögen, die sich „bei 1000 Spielen an zwei Tagen“erfreuen, das hat Oberbürger­meister Daniel Rapp in seiner Eröffnungs­rede am Samstag kundgetan.

Antonia, Lena, Elisabeth und Tim gehören zum Team der zahllosen Ehrenamtli­chen, die das Spielewoch­enende überhaupt erst möglich machen. Die vier jungen Menschen sitzen zwei Tage lang von 11 bis 18 Uhr vor einer übermannsh­ohen Wand an Brettspiel­en, die sich jeder Besucher nach dem Ausfüllen einer Karte ausleihen kann. „Wir wollen damit nur sicherstel­len, dass die Spiele nach dem Ausprobier­en auch wieder zurückkomm­en“, sagt die 17-jährige Antonia. Ausprobier­en ist überhaupt das Stichwort: Baseball schlagen oder Bobby-Car fahren, Fledermaus­kastenbaue­n oder Fechten üben, Torwandsch­ießen oder Tragetuchw­ickeln lernen – wohin auch immer der Blick schweift oder die Menschentr­auben den Bummler schieben – jeder kann sich selbst versuchen, anleiten lassen oder einfach nur zuschauen.

Zwischen all den bunten, bewegten Aktionen haben sich Francesco und Tadäus im Schatten eines alten Baumes neben der Liebfrauen­kirche eine Oase geschaffen. Zumindest mental. Dabei trügt die Ruhe der beiden Pensionäre: Ihre Finger und grauen Zellen bewegen sich behände wie ausgeschla­fene Zwölfjähri­ge, packen einen Bauern am Kopf oder ein Pferd am Holzschopf und klopfen unmittelba­r darauf auf die Stoppuhr neben sich. Francesco und Tadäus spielen Blitzschac­h. Und das nicht nur am Spiele-Wochenende und für Publikum, das sich immer mal wieder an deren Holztisch gesellt. Sondern schon seit 30 Jahren. Und wer es noch geruhsamer haben möchte, der findet zwischen der Einradvorf­ührung und dem Virtual-Reality-Truck den Stand von St. Jodok. „Sinn finde ich…“steht dort als unvollende­ter Satz auf einer weißen Tafel. „… wenn ich mit meinen Enkeln spielen kann“hat jemand vervollstä­ndigt.

 ?? FOTO: FELIX KÄSTLE ?? Alle Generation­en haben am Wochenende Spaß bei „Ravensburg spielt“, wie hier bei „Kakerlacul­a“.
FOTO: FELIX KÄSTLE Alle Generation­en haben am Wochenende Spaß bei „Ravensburg spielt“, wie hier bei „Kakerlacul­a“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany