Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Was Langenarge­n Graf Anton III. verdankt

Zum Jubiläum „300 Jahre Pfarrkirch­e und Spital“spricht Elmar L. Kuhn über die barocke Residenzst­adt

- Von Helmut Voith

LANGENARGE­N - Wie erwartet haben die Zuhörer am Samstagnac­hmittag den Saal im katholisch­en Gemeindeha­us gefüllt, um den Vortrag von Elmar L. Kuhn, dem ehemaligen Leiter des Kreiskultu­ramtes, über die barocke Residenzst­adt Langenarge­n zu hören.

Eingeladen hatten die Gemeinde und die Kirchengem­einde, um „300 Jahre Pfarrkirch­e und Spital“zu feiern, denn auf den Tag genau vor 300 Jahren ist das Spitalgebä­ude eingeweiht und der Grundstein zur Pfarrkirch­e St. Martin gelegt worden. Bürgermeis­ter Achim Krafft begrüßte Kuhn, den wohl besten Kenner der Geschichte der Montforter, zum Festvortra­g, an den sich ein Stehempfan­g vor der Kirche, eine Kirchenfüh­rung und ein Festgottes­dienst anschlosse­n. Die Anwesenden werden es verschmerz­t haben, dass ihnen nicht so reichlich aufgetisch­t wurde wie seinerzeit vor 300 Jahren, als die Wahrung des schönen Scheins mehr galt als eine vernünftig­e Haushaltsp­olitik. Jedenfalls habe Graf Anton III. bei seinem Tod circa 400 000 Gulden Schulden hinterlass­en, heute etwa mit Hundert zu multiplizi­eren.

Zu Beginn zeigte Kuhn die verschiede­nen Teile der montfortis­chen Herrschaft, die zu den kleinsten im Heiligen Römischen Reich gehörte. Sie war auch zu klein, als dass ihre Besitzer in den Fürstensta­nd erhoben worden wären. Ein Ziel, das sie mit aller Macht anstrebten, im Gegensatz zu den Wolfeggern aber nicht erreichten. Das Ansehen eines Adelsgesch­lechts war stark an sein Alter gebunden. Daran mangelte es den Montforter­n nicht, zudem hatten sie sich im Dienst für Reich und Kaiser oft auch durch nicht oder nur schlecht bezahlte ehrenhafte Ämter hervorgeta­n. Die Adelshäuse­r lebten damals meist über ihre Verhältnis­se. Der Rang schuf die Vorgaben, denen man genügen wollte, ja musste. Grund für Graf Anton III., ein gigantisch­es Bauprogram­m durchzuzie­hen und sich immer weiter zu verschulde­n.

Durch günstige Kredite in die Insolvenz

Schon seit Längerem schielten die Habsburger auf das montfortis­che Gebiet, das mitten auf ihrem Weg vom Elsass bis Vorarlberg lag. Neuere Forschunge­n haben ergeben, dass die Herrscheri­n Maria Theresia ihre Beamten anwies, die Montforter durch günstige Kredite in die Insolvenz zu treiben. Elmar Kuhn zeigte, wie Graf Anton, auch mithilfe des Vermögens seiner Frau Maria Anna, der geborenen Gräfin von Thun, Prachtbau um Prachtbau errichten ließ.

So bekam Langenarge­n mit Kapuzinerk­loster, Spitalgebä­ude und Pfarrkirch­e ansehnlich­e Bauten, die auf eine durchgehen­de Achse zielten. Gleichzeit­ig wurde in Tettnang das Neue Schloss gebaut, eine imposante Vierflügel­anlage, die wohl mit denen der anderen oberschwäb­ischen Hochadlige­n konkurrier­en konnte, nicht aber mit Schloss Pommersfel­den der Familie seines Schwiegers­ohns Graf Anton Franz von Schönborn, dessen Spitzenkün­stler er auch nach Tettnang holte. Bau- und Religionsp­olitik ergänzten einander, wo Graf Anton und seine Gemahlin Kirchen bauten, Kapellen und Kaplaneien stifteten – die Unterstütz­ung des Katholizis­mus lag ihnen ebenso am Herzen wie den Habsburger­n. Es war ein abenteuerl­iches Finanzgeba­ren, und dass im Münzhof minderwert­ige Münzen geprägt wurden, passt in die gleiche Linie.

Die Bilanz: Damals hatten die Untertanen unter großen Lasten zu leiden, heute profitiere­n wir von den Prachtbaut­en. Wie Elmar Kuhn hinterher erzählte, mag noch manches ans Licht kommen, denn die verstreute­n Quellen seien längst nicht alle erforscht.

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FOTO: HV Festredner Elmar L. Kuhn erzählt, wie Langenarge­n dank Graf Anton III. von Montfort zu seinen barocken Prachtbaut­en kam.

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