Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Von der Lust, die Wirklichkeit zu hinterfragen
Hubert Gaupp zeigt im Gleis 1 kleine Zeichnungen
MECKENBEUREN – Hellwach und voller Tatendrang sitzt der fast 81jährige Hubert Gaupp am Mittwochnachmittag an dem langen Arbeitstisch in seinem Atelierhaus den Besuchern von der Schwäbischen Zeitung gegenüber. An der Rückwand ziehen großformatige Bilder aus der Venedig-Serie den Blick automatisch auf sich. Hubert Gaupp verbringt jedes Jahr einige Tage dort, er liebt diese Stadt, die sich schon lange nicht zum Besten wandelt. Unter den Venedig-Bildern zieht sich eine Reihe kleinformatiger Zeichnungen der Wand entlang – Zeichnungen, die er demnächst im Kulturschuppen am Gleis 1 präsentieren wird.
Gaupp ist Künstler und Philosoph. Zusammen mit seinem 2016 verstorbenen Partner Gunther Jauss war er einer der wichtigsten Architekten der Region. Seit die Söhne Philip Jauss und Tobias Gaupp das Architektenbüro Jauss + Gaupp weiterführen, bleibt ihm mehr Zeit zum Zeichnen wie zum Denken. Das genießt Hubert Gaupp, denn als Künstler will er sich noch lange nicht zur Ruhe setzen.
Während der Berufsjahre musste er sich die Zeit für die künstlerische Arbeit stehlen, in der Nacht und im Urlaub habe er gezeichnet: „Ich hab’s eigentlich immer gemacht, auch wenn’s zeitlich nicht möglich war“, sagt er. Auch ihre Architektur hätten sie immer mit künstlerischen Aussagen unterlegt: „Die Baukunst ist die Mutter der Kunst – wer als Planer nicht zu einer künstlerischen Aussage kommt, sollte es bleiben lassen.“
Bei einem Blick auf seine Zeichnungen vor Jahrzehnten, war nicht zu erahnen, welche Fülle an Ideen in ihm steckt. Jetzt werden sie in Hunderten von Arbeiten in verschiedenen Serien sichtbar und faszinieren. Alles wirkt so natürlich und besticht durch die gedankliche Tiefe, die dahinter steht und das Ganze als Einheit erscheinen lässt. Es ist die spielerische
Freude am Hinterfragen der sichtbaren Wirklichkeit, es ist die Freude an einer Welt, die trotz vieler Probleme durchaus lebenswert ist. Er betrachtet die Welt mit Hintersinn und Humor, verletzend will er nie sein. Schon mehrmals hat Gaupp Einzelbilder und Serien in verschiedenen Techniken ausgestellt: Buntstift- und Drahtzeichnungen, Aquarelle, Drucke... Seit längerem ist er dabei, sein immer noch wachsendes Werk zu ordnen, und ist auch bereit, sich von Arbeiten zu trennen, wenn er weiß, dass sie in gute Hände kommen. So gibt es vom 21. bis 23. September eine leider nur sehr kurze Ausstellung von 80 kleinen Zeichnungen im Gleis 1, einem Kulturraum, den er für perfekt halten würde, wenn er nur klimatisiert wäre, wie er auf einer Zeichnung festgehalten hat.
Wie ein Fries werden sich die kleinformatigen Werke an den Wänden entlangziehen, klassische Architekturzeichnungen und Impressionen von Reisen, von der heimischen Umgebung. Bürgermeisterin Elisabeth Kugel wird die Ausstellung eröffnen, Sohn Tobias wird wieder auf einem neuen Instrument spielen. Das wird ebenso eine Überraschung wie die Metallskulptur aus Aluminium, die in der Raummitte stehen wird. Idee und Installation stammen von Hubert Gaupp, die Metallbearbeitung von einem ortsansässigen Handwerker im Ruhestand – am Eröffnungsabend wird Gaupp erzählen, wie die überraschende Skulptur entstanden ist. Eine Idee, wie man sie von einem Künstlerphilosophen erwarten darf, der jetzt ganz das machen kann, was er möchte.
Vernissage ist am Freitag, 21. September, 20 Uhr im Gleis 1. Am Samstag und Sonntag ist die Ausstellung von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
„Die Baukunst ist die Mutter der Kunst – wer als Planer nicht zu einer künstlerischen Aussage kommt, sollte es bleiben lassen.“ Hubert Gaupp