Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Zweifel am Mammutproj­ekt Bildungsze­ntrum

Agendagrup­pe „Schule neu denken“hat Einwände gegen Schulpläne auf der Kuppelnau: Teure Form, wenig Inhalt

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Das historisch­e Vorhaben der Ravensburg­er Stadtverwa­ltung, auf der Kuppelnau für mehr als 38 Millionen Euro ein neues Schulzentr­um zu bauen, sieht die Agendagrup­pe „Schule neu denken“in mehreren Punkten kritisch. Mit den Plänen werde in erster Linie Standortpo­litik, aber kaum Schulpolit­ik betrieben. Die Stadt laufe Gefahr, für viel Geld ein dreigliedr­iges Schulsyste­m zu zementiere­n. Zustimmung gibt es dagegen für die Zusammenle­gung der beiden Gemeinscha­ftsschulen.

Wie die „Schwäbisch­e Zeitung“berichtete, soll die heutige Kuppelnaus­chule abgerissen werden und einem Neubau weichen. Die Gemeinscha­ftsschulen Kuppelnau und Barbara Böhm werden aufgelöst und fusioniere­n an diesem Standort. Gemeinsam mit der Grundschul­e Kuppelnau werden sie zum „Bildungsze­ntrum Ravensburg“. Dieses wird nur noch einen Schulleite­r haben. Zum Schuljahr 2025/2026 soll das neue Schulzenru­m in der Nordstadt bereits bezogen werden. Die Stadt sieht in dem Großprojek­t laut Bürgermeis­ter Simon Blümcke die „zentrale Maßnahme zur Sicherung des Bildungsst­andortes Ravensburg“. Gleichzeit­ig soll die Gemeinscha­ftsschule gerettet werden. Kuppelnau und Barbara Böhm hatten sich Konkurrenz gemacht, die Anmeldezah­len schwächeln.

Für die Mitglieder der Agendagrup­pe „Schule neu denken“, die die Pläne jetzt erstmals und zum Teil kontrovers diskutiert hat, hätte der Weg zu einer inhaltlich­en Weiterentw­icklung der Sekundarst­ufe an Ravensburg­er Schulen nur über ein zweigliedr­iges System geführt. Dafür müsste die Stadt eine Zusammenfü­hrung der beiden Gemeinscha­ftsschulen mit der Realschule forcieren. „Aber die Realschule ist in Ravensburg eine heilige Kuh“, so Kritik aus dem Agendakrei­s um die Sprecherin­nen Gabriele Runge und Alexandra Stoll.

So bleibe es bei den drei Säulen mit den Gymnasien, der Realschule und der fusioniert­en Gemeinscha­ftsschule, die es auch an dem neuen Standort schwer haben könnte, befürchtet ein Teil der Ehrenamtli­chen. „Wir müssen hoffen, dass die Anmeldezah­len nicht einbrechen.“Die starken Privatschu­len sorgten für zusätzlich­en Druck. „Die Stadt hat ihre Gemeinscha­ftsschulen vernachläs­sigt“, so ein Vorwurf. Auch daraus sei ein Imageprobl­em erwachsen, besonders an der Kuppelnau.

Die Agendagrup­pe bedauert zudem, dass es auch durch das neue Konstrukt kein längeres gemeinsame­s Lernen über die Klasse vier hinaus geben wird. Erhebliche Zweifel gibt es weiterhin daran, dass wie geplant ein einziger Schulleite­r im neuen Bildungsze­ntrum die Aufgaben von bisher drei Rektoren bewältigen könne.

Und zu kurz gesprungen sei das Modell auch deshalb, weil es das SBBZ und die Grundschul­e an St. Christina nicht einbeziehe. „Das wäre dann wenigstens ein bisschen Schulentwi­cklung gewesen.“

Sündenfall in Obereschac­h

Die Chance für eine weniger zentralisi­erte Standortpo­litik sei schon vor Jahren vergeben worden: „Der Sündenfall war, die Gemeinscha­ftsschule in Obereschac­h aufzugeben.“Die erste Gemeinscha­ftsschule der Stadt hatte 2013 an den Standort Neuwiesen umziehen müssen, weil der Verwaltung und dem Gemeindera­t eine Sanierung in der Ortschaft zu teuer war. Geschätzte Kosten damals: sechs Millionen Euro.

Die Agendagrup­pe fordert, dass die Stadt alle Anstrengun­gen unternehme­n müsse, um Ravensburg­er Schülern die Lernmöglic­hkeiten einer Gemeinscha­ftsschule zu erhalten. Die Verschmelz­ung von Barbara Böhm und Kuppelnau sei ein erster richtiger Schritt. Ein Teil der Mitglieder setzt darauf, dass durch den Neubau die Arbeitsbed­ingungen besser werden und durch ihn ein positives Signal ausgesende­t wird: Das, so die Hoffnung, könne das Image verbessern, die Anmeldezah­len nach oben treiben und für eine bessere „Durchmisch­ung“der Schülersch­aft sorgen. Denn zuletzt war das ambitionie­rte Ziel, an Gemeinscha­ftsschulen zu gleichen Teilen Kinder auf Gymnasial-, Realschul- und Hauptschul­niveau zu unterricht­en, in Ravensburg klar verfehlt worden.

Am Montag, 17. September, bringt die Agendagrup­pe ihre Argumente in den Beirat für Schulentwi­cklungspla­nung ein. Am 8. Oktober tagt der Bildungs- und Kulturauss­chuss. Am 22. Oktober entscheide­t der Gemeindera­t über das teuerste Projekt der Stadtgesch­ichte.

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FOTO: BÜRO SCHNEIDERM­EYER/THOMAS WOLF Auf diesem Areal entsteht das Millionenp­rojekt. Vorher wird abgerissen.

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