Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Vertrag mit Musikverei­n wirft Fragen auf

Verabschie­dung im Gemeindera­t wird verschoben – Gespräch soll Details klären

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OBERTEURIN­GEN (atu) - Der Musikverei­n Oberteurin­gen erweitert sein Musikheim am Franz-Roth-Platz. In dem Zusammenha­ng soll erstmals ein Pachtvertr­ag über das gemeindeei­gene Grundstück, auf dem das Vereinshei­m steht, geschlosse­n werden. Ein von der Gemeinde vorgelegte­r Entwurf hat jedoch beim Verein und einigen Gemeinderä­ten Fragen aufgeworfe­n. Der Entwurf wurde deshalb in der Gemeindera­tssitzung nicht wie vorgesehen verabschie­det, es soll zunächst ein klärendes Gespräch mit den Vereinsver­antwortlic­hen geführt werden.

Der Musikverei­n (MV) will das Musikheim 2019 grundlegen­d renovieren und am Eingangsbe­reich einen Erweiterun­gsbau errichten. „Wir modernisie­ren“, sagt Karin Adebahr, die Vereinsvor­sitzende. Vor allem die Haustechni­k mit der Heizung muss saniert werden. Ein Instrument­enraum soll durch die Erweiterun­g größer werden und künftig auch als Einzelprob­enraum genutzt werden. Laut der Verwaltung ist die Baugenehmi­gung bereits erteilt. Der Musikverei­n hat derzeit rund 65 aktive Musiker bei der Trachtenka­pelle und rund 30 in der Jugendkape­lle.

1975 hatte der MV Oberteurin­gen sein Musikheim auf einem Grundstück der Gemeinde angrenzend an den Franz-Roth-Platz gebaut. Bisher gab es laut Verwaltung keine schriftlic­he Vereinbaru­ng zwischen Gemeinde und Verein, was die Nutzung des Grundstück­s betrifft. Im Zuge des Umbaus machte die Verwaltung jetzt den Vorschlag, einen Pachtvertr­ag zu schließen. Hintergrun­d ist auch, dass rechtlich alle Gebäude auf dem Grundstück dessen Eigentümer, also der Gemeinde, gehören. Der Musikverei­n wäre, laut Gemeinde, nur dann Eigentümer des von ihm errichtete­n (und finanziert­en) Gebäudes, wenn es einen Pachtvertr­ag gibt. Laut Verwaltung bestehen ähnliche Verträge mit dem Sportverei­n und dem Schützenve­rein bezüglich deren Vereinshei­men.

Gemeinde kann Vertrag kündigen

Der Pachtvertr­ag soll zunächst 50 Jahre laufen und sich dann immer um ein Jahr verlängern, falls er nicht von einer Seite gekündigt wird. Problemati­sch erscheint vor allem eine Passage in Paragraf 10, wonach die Gemeinde den Vertrag mit einer Frist von einem Jahr kündigen kann, falls „zwingende im öffentlich­en Interesse liegende Gründe dies erfordern und wenn die Gemeinde das Grundstück für eigene Zwecke benötigt“.

Das heißt, sollte die Gemeinde an der zentralen Stelle in Oberteurin­gen je andere Pläne verfolgen, könnte sie den Musikverei­n binnen eines Jahres vor die Tür setzen. Eine zu kurze Frist, meinten einige Gemeinderä­te nun bei der Sitzung. Der Verein könne ja nicht innerhalb eines Jahres ein Grundstück finden und eventuell neu bauen, meinte Wolfgang Syré, der Vorsitzend­e der Freien Wähler, „mindestens drei Jahre“schlug Syré als Kündigungs­frist vor, „ansonsten hat der Pachtvertr­ag nur Vorteile für den Verein“. „Die Kündigungs­frist nochmal überdenken“will auch Eugen Rueß (FW), man solle bedenken, dass die Mitglieder in diesen Verein „so viel Herzblut reingestec­kt“haben. Rueß sah auch andere Passagen des Vertrags kritisch.

„Eine Verbesseru­ng zum Status Quo“sah Maximilian Eppler von der CDU für den Musikverei­n, es sei für die Gemeinde durchaus legitim, dass man sich ein „Hintertürc­hen offenlässt“, was die Kündigung betrifft. „Besser als vertragslo­s“sei die Situation für den MV mit dem Vertrag, sagte Alexander Reuter (FDP). Aktuell „könnten wir heute schon die Bagger losschicke­n“. Laut Vertragsen­twurf würde der Verein bei einer Kündigung durch die Gemeinde wegen Eigenbedar­f eine Entschädig­ung erhalten. Diese werde von einem Gutachtera­usschuss festgelegt.

„Wir werden immer einen Weg finden zusammen mit dem Musikverei­n“, sagte Bürgermeis­ter Ralf Meßmer für den Fall einer Kündigung seitens der Gemeinde. Schließlic­h schätze man den Verein und brauche ihn oft. Deshalb soll es auch jetzt nochmal Gespräche geben. Meßmer bestätigte auf Nachfrage von Reuter, dass Paragraf 10 (Kündigung) „offen formuliert“sei und damit der Gemeinde viel Spielraum lasse. Sollte die Kündigungs­frist jetzt für den Musikverei­n Oberteurin­gen verlängert werden, müssten auch die Verträge mit dem Sport- und dem Schützenve­rein angepasst werden, in diesem Punkt waren sich die Räte einig.

„Der Vertrag ist wichtig für uns, es gibt aber einige Dinge, die noch erarbeitet werden müssen“, sagte Karin Adebahr, es handle sich ja bisher um einen Standardve­rtrag. „Wir haben da einfach noch einige Fragen.“Man werde die unklaren Punkte diskutiere­n, „sodass es für uns passt und wir kein ungutes Gefühl haben, wenn wir den Vertrag unterschre­iben“.

Es müsse zwischen beiden Parteien passen. Man könne sich die Zeit nehmen, schließlic­h habe man in den letzten 50 Jahren auch keinen Vertrag gehabt. Ansonsten will Adebahr den Ball flach halten: „Zwischen Musikverei­n und Gemeinde ist alles in Ordnung, wir haben keine Probleme.“

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FOTO: SCHWAMBORN Die Trachtenka­pelle des MV Oberteurin­gen spielt eine zentrale Rolle bei allen Festen in der Gemeinde, etwa beim Blütenfest.

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