Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Kleindenkmale sollen erfasst werden
Hinter den kleinen Objekten stecken oft spannende Geschichten – Der Landkreis sucht ehrenamtliche Helfer
BODENSEEKREIS - Wegkreuze, Brunnen, Gedenksteine: Kleindenkmale gibt es fast überall. Oft sind sie unscheinbar, doch fast immer erzählen sie spannende Geschichten. Im Bodenseekreis sind Kleindenkmale bisher noch nicht flächendeckend registriert und erforscht worden. Doch das soll sich ändern. Das Kreisarchiv schließt sich nun einem landesweiten Projekt an, um sie zu erfassen und zu dokumentieren. Mitmachen kann jeder.
Auf Landesebene leitet das Landesamt für Denkmalpflege in Esslingen die Aktion, vor Ort koordiniert das Kreisarchiv die Arbeiten. Außerdem sind der Schwäbische Heimatbund und der Schwäbische Albverein beteiligt. Die Vereine bilden die Schnittstelle zwischen den professionellen Kräften aus den Ämtern und Archiven sowie vielen ehrenamtlichen Helfern, die die Kreisverwaltung gewinnen möchte.
„Im Bodenseekreis gibt es viele Kleindenkmale auf engstem Raum“, sagt Landrat Lothar Wölfle beim Pressetermin am Wetterkreuz in den Weinbergen bei Meersburg. Sie seien Zeitzeugen unserer Vorfahren, die überall in unserer Kulturlandschaft zu finden seien. „Sie erzählen vom Alltagsgeschehen der Menschen, davon, wie sie früher gelebt haben“, sagt Wölfle. Deshalb habe der Kreistag im Juli dieses Jahres grünes Licht für das Kleindenkmalprojekt gegeben. Angesichts der Vielzahl verschiedenster Inschriften, Plaketten, Kreuze und Bildstöcke sei es für die Verwaltung aber unmöglich, die Erfassung allein zu stemmen. Hinzu komme, dass viele Kleindenkmale versteckt sind und nur Ortskundige von ihrer Existenz wissen.
„Wir sind auf die ehrenamtlichen Helfer angewiesen, weil sie wissen, wo die Kleindenkmale zu finden sind“, sagt Martina Blaschka, die am Landesamt für Denkmalpflege das landesweite Kleindenkmalprojekt betreut. Deshalb richte sich der Aufruf nicht nur an Heimatforscher, Vermesser oder Archivare, sondern an jedermann. Fachkenntnisse seien nicht erforderlich. Um ein Kleindenkmal zu erfassen, muss ein Fragebogen ausgefüllt werden. Außerdem seien ein aussagekräftiges Foto und eine eindeutige Wegbeschreibung notwendig. Diese Daten werden dann vom Kreisarchiv und vom Landesamt für Denkmalpflege bewertet und bearbeitet. Nach einem Jahr soll eine Zwischenbilanz gezogen werden und nach zwei Jahren soll die Erfassung so weit abgeschlossen sein, dass alle Unterlagen vorliegen. „Sie werden dann systematisiert und aufgearbeitet“, sagt Martina Blaschka.
In einem der ersten Schritte sollen die Gemarkungen der Gemeinden in verschiedene Bereiche aufgeteilt und dann bestimmten Helfern zugewiesen werden. Dadurch soll vermieden werden, dass mehrere Leute dieselben Denkmale erfassen und die Arbeit mehrfach gemacht wird. Reinhard Wolf aus Marbach am Neckar leitet den Lenkungskreis der beteiligten Vereine. Er versteht sich als Schnittstelle zwischen den professionellen und den ehrenamtlichen Beteiligten. Das Projekt begeistert ihn. „Kleindenkmale machen die Identität einer Region aus und sind ein Alleinstellungsmerkmal. Sie prägen unsere Gegend, auch wenn es uns nicht bewusst ist“, sagt er. Vorkenntnisse seien nicht erforderlich, dafür aber die Bereitschaft, sich seine Umgebung mit offenen Augen anzuschauen. „Was übrigens gar nicht so einfach ist“, sagt er. Denn viele Schätze seien im Verborgenen.
Eine eindeutige Definition für den Begriff „Kleindenkmal“gibt es nicht. Manche sind aus Holz, andere aus Stein oder Metall. Sie können sehr klein sein, andere wiederum sind eher groß. Recht stattlich ist etwa das fünf Meter hohe Meersburger Wetterkreuz. Es steht in exponierter Lage in den Weinbergen. Die Inschrift verrät, dass dieses Kreuz 1960 errichtet wurde, es aber zuvor schon eines an dieser Stelle gab. Wie Kreisarchivarin Eveline Dargel berichtete, reicht seine Geschichte weit zurück. „In diesem Gewann stand schon vor dem 30-jährigen Krieg ein Wetterkreuz“, sagt sie.
Das Projekt startet mit einer Auftaktveranstaltung am Dienstag, 30. Oktober, um 19 Uhr im Foyer des Landratsamts in der Albrechtstraße 77 in Friedrichshafen. Weitere Treffen zur Information und Schulung der Interessierten finden in vielen Gemeinden vor Ort statt.