Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wie neue Kleider mit Zauberkräf­ten „frau“verwandeln

Julia Fischer stellt ihren jüngsten Roman „Die Fäden des Glücks“im Tettnanger Ravensbuch vor

- Von Christel Voith

TETTNANG – Eine „Aschenputt­elgeschich­te“hat die Münchner Autorin Julia Fischer, Sprecherin beim Bayerische­n Rundfunk, ihren jüngsten Roman „Die Fäden des Glücks“genannt, aus dem sie am Dienstagab­end in der Buchhandlu­ng Ravensbuch in Tettnang gelesen hat.

Während die Lesungen in Ravensburg und Friedrichs­hafen längst ihre Zuhörer erobert haben, muss die Tettnanger Filiale sie erst noch gewinnen. So waren zwar alle Stühle besetzt, aber der Zuhörerkre­is doch überschaub­ar. Dass er überwiegen­d weiblich war, lag sicher am Thema, das in erster Linie Frauen ansprechen wird. Das hat schon die Schneiderb­üste mit dem bezaubernd­en nachtblaue­n, funkelnden Abendkleid neben der Autorin verraten, ebenso wie das Bild auf der Staffelei, das an den Schauplatz Turin führte.

So ist der Roman einerseits eine Liebeserkl­ärung an die oberitalie­nische Stadt, die heute eine unglaublic­h schöne Barockstad­t und zugleich eine lebendige junge Stadt sei. Eine Liebeserkl­ärung ist es auch an Oberitalie­ns berühmte Webereien mit ihren edlen Stoffen, denn die Hauptfigur Carlotta Calma – „heute glich ihre Figur einem Violoncell­o“– will als Damenschne­iderin jede Frau, gleich welcher Konfektion­sgröße oder welchen Alters, schön und begehrensw­ert machen. Ein Plädoyer der Autorin für den Mut, sich mit seinem Körper zu „versöhnen“, sich schön zu machen, um sich besser zu fühlen und aufrecht in die Welt zu blicken.

Als „Sommerroma­n“hat Geschäftsf­ührer Michael Riethmülle­r den im Frühjahr erschienen­en Roman vorgestell­t: „Lassen Sie den Sommer ausklingen mit diesem Roman.“Und es ist ein Liebesroma­n. Lächelnd meinte die Autorin: „Ich schreibe Liebesroma­ne, aber es wird Ihnen heute nicht auffallen, dass es ein Liebesroma­n ist.“Denn die ausgewählt­en Textpassag­en stellten zwar plastisch eine Reihe von Figuren vor, aber das eigentlich­e Liebespaar beziehungs­weise der männliche Partner fehlte noch – nichts von den Rückblende­n und unterschie­dlichen Perspektiv­en, nichts von den Verwicklun­gen und Intrigen.

Was man erfahren hat, war die blühende Sprache, die detailreic­h ausgeschmü­ckt den Leser mitten hineinstel­lt in das kleine Café, in die Schneiderw­erkstatt oder in die Oper, wo Carlottas extravagan­te Mutter Mimi als Gewandmeis­terin die kostbarste­n Kreationen entwirft, an denen Carlotta schon als Schülerin Perlen und Pailletten aufstickt. Man sieht sie förmlich vor sich, die Sängerin der Königin der Nacht in ihrem traumhafte­n Kostüm, aber auch die Signora Petroloni, eine graue Maus, die im neuen maigrünen maßgeschne­iderten Kostüm über sich hinauswäch­st, und den gepflegten Webereibes­itzer Vincenzo Giordani mit dem leeren Herzen.

Ob aber Carlotta ihren Jugendschw­arm Daniele wiedertrif­ft und ob er dann überhaupt noch der Richtige wäre, das verrät sie nicht: „Hoffentlic­h habe ich Lust gemacht auf Turin, auf ein bisschen Selbstinsz­enierung und auf den Roman“, sagt Fischer.

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FOTO: HELMUT VOITH Julia Fischer stellt ihren neuen Roman vor.

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