Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Vergnügte Verletzte
Die Stiftung Liebenau bildet Männer und Frauen mit Behinderungen in Erster-Hilfe aus
BODNEGG-ROSENHARZ (sz) - Frauen und Männer mit höherem Unterstützungsbedarf in der Stiftung Liebenau haben in Rosenharz an einer Erste-Hilfe-Ausbildung teilgenommen.
„Was tun, wenn jemand hinfällt?“Alexandra Scherer vom Regionalverband Oberschwaben/Bodensee der Johanniter Unfallhilfe verteilt Piktogramme. Da werden Wunden verbunden, Verletzte in Decken gehüllt, und es gibt Bilder mit der Notrufnummer. Jens Arnold zeigt auf ein weiteres Bild.
Das Trösten ist ihm wichtig und, dass er einen Erzieher holen wird. „Genau“, bestätigt die Ausbilderin in Erster Hilfe. Jens Arnold strahlt. Vielleicht weil er schon viele Tränen gesehen hat. Vielleicht weil er erfahren hat, wie wichtig es ist, wenn andere seinen Schmerz ernst nehmen und ihn trösten.
Bei Ausbilderin Alexandra Scherer lernen sie, das Pflaster für den Fingerkuppenverband zu schneiden. Sie üben, Verbände anzulegen. Jens Arnold bekommt einen Kopfverband. Ralf Keil aus der Kreativwerkstatt ist der Künstler unter den Teilnehmern. Gelassen gleitet der feine Mull von einer Hand in die andere. Als wäre der Kopfverband ein Kunstwerk, dem er sich mit der gleichen Aufmerksamkeit widmet, wie seinen Farben und Formen beim Malen.
Für die Teilnehmer ist es wichtig, das Verbandmaterial mit den Händen zu fühlen, die Pflaster zwischen den Fingerkuppen zu spüren. Die Ausbilderin von der Johanniter Unfallhilfe vermittelt die Erste Hilfe, um die Scheu davor zu nehmen, im Notfall etwas falsch zu machen. Von der Empathie, sich gegenseitig helfen zu wollen, ist die Ausbilderin beeindruckt. Die Frauen und Männer lernen Hilfe zu holen und eine Decke zu bringen, wenn jemand friert.
Selten sieht die Ausbilderin so vergnügte Verletzte. „Wir haben gelernt, Verbände anzulegen und dass es nicht schlimm ist, wenn Sanitäter kommen“, bestätigt Jörg Pohle. Der junge Mann hat kluge Gedanken: „Das Beste aber war, dass wir auch eine Fortbildung hatten, ohne Erzieher. Ich meine, sonst sind immer nur die Erzieher auf Fortbildung.“