Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Schulentwicklung beginnt beim Rutenfest
Große Zustimmung für Fusion der Ravensburger Gemeinschaftsschulen auf der Kuppelnau
RAVENSBURG - Pädagogen, Eltern und Stadträte haben sich hinter die weitreichenden Schulpläne der Stadt gestellt. Im Beirat für Schulentwicklungsplanung gab es am Montag breite Zustimmung für die Fusion der beiden Ravensburger Gemeinschaftsschulen auf der Kuppelnau. Umgesetzt werden soll diese in einem knapp 40 Millionen Euro teuren Neubau, der bis 2025 fertig sein und unter dem Dach eines Bildungszentrums auch die Grundschule aufnehmen soll.
Nach einer intensiven Diskussion ist im Beirat aber auch deutlich geworden: Für die Standort- und Schulentwicklung der weiterführenden Schulen in Ravensburg – so lautete der Arbeitsauftrag – hätte es Alternativen zu dieser Lösung gegeben. Aus Sicht der externen Berater wären diese „rein strukturell betrachtet“sogar besser gewesen.
Gemeinschaftsschule an den Gymnasien
Eine dieser Varianten hätte eine Verlegung der Gemeinschaftsschule an den Standort der Gymnasien vorgesehen. Dafür hätte aber ein Ravensburger Gymnasium, das Welfen, an die Kuppelnau umziehen müssen. Intensiv im Arbeitskreis diskutiert wurde auch eine Verbundschule auf der Kuppelnau unter dem Dach der Realschule. Beides sei in Ravensburg nicht zu vermitteln und politisch kaum durchsetzbar, hätten sie gelernt, so die Planer des Büros Schneidermeyer.
Gleiches gilt laut den Experten auch für eine Erweiterung der Flächen auf der Kuppelnau (der geplante Neubau bewegt sich innerhalb der jetzigen Schulgrenzen). Der Grund: Davon wäre das Rutenfest, unter anderem mit seinen Schießwettbewerben, erheblich betroffen gewesen.
Der Beirat für Schulentwicklungsplanung erhofft sich durch das Mammutprojekt samt Abriss und Neubau auf der Kuppelnau nun vor allem für die schwächelnde Gemeinschaftsschule in Ravensburg einen Energieschub. Der viel beschworene „Neustart“mit der Verschmelzung von Barbara-Böhm-Schule und Kuppelnau, die sich bisher gegenseitig Konkurrenz gemacht haben, soll einen Imagewandel befördern, der dieser Schulart in der Stadt eine Zukunft sichert. Gleichwohl betonen Ravensburgs Bürgermeister Simon Blümcke und die Berater, dass es um die gesamte Entwicklung der Schulen in Ravensburg gehe, nicht um eine Schulform alleine.
Gegenstimmen gab es im Beirat für Schulentwicklungsplan für diese Pläne nicht, kritische Anmerkung dennoch: Bernd Dieng von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fürchtet, mit diesem Konzept werde ein dreigliedriges Schulsystem in Ravensburg zementiert. „Wir sind vor zehn Jahren angetreten, die Trennung der Schüler nach der vierten Klasse aufzubrechen. Heute ist es in Ravensburg schlimmer denn je.“Die Schulplaner hingegen hoffen, dass eine Gemeinschaftsschule in Ravensburg mit deutlich besseren Voraussetzungen als bisher zeige, wie diese Trennung überwunden werden kann.
Die Agendagruppe „Schule neu denken“sieht mit großer Sorge, dass die Grundschule Kuppelnau künftig auf zwei Züge und die Grundschule St. Christina auf einen Zug beschränkt werden sollen, so Sprecherin Gabriele Runge. „Wenn die neuen Baugebiete in der Oststadt kommen, wird man noch mal über St. Christina reden müssen“, sagte Blümcke. Die Nordstadt hingegen sei „fertiggebaut“, deshalb brauche es keine Aufstockung auf der Kuppelnau. Kritik gibt es auch von der Schulgemeinschaft der Grundschule Kuppelnau: Werde das neue Bildungszentrum wie geplant nur noch von einem Schulleiter geführt, werde die Grundschule „hinten runterfallen“.
Und Stadtrat Wolfgang Metzger (Freie Wähler) stellte infrage, ob eine Gemeinschaftsschule, die jetzt nicht funktioniere, mit einem 40-Millionen-Euro-Neubau besser angenommen werde. Die Stadt investiere nicht 40 Millionen in die Gemeinschaftsschule, sondern in die Schulen, so Otto Seydel vom Büro Schneidermeyer. Der Bedarf, viel Geld in die Hand zu nehmen, sei ohnehin da, so Simon Blümcke, „egal, in welcher Schulart wir diskutieren“. Eine dringend notwendige Sanierung auf der Kuppelnau koste die Stadt kaum weniger als ein Neubau. Baubürgermeister Dirk Bastin will diese Erkenntnis mit seinem Amt und den Stadträten „sauber aufarbeiten“.
Am 8. Oktober tagt der Bildungsund Kulturausschuss. Am 22. Oktober entscheidet der Gemeinderat über das teuerste Projekt der Stadtgeschichte.