Schwäbische Zeitung (Tettnang)
„Jahresrechnung der Rekorde“
Langenargen hat 10,5 Millionen Euro auf der Seite
LANGENARGEN (poi) - 5,4 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen, 5,2 Millionen Einkommensteueranteil, 3,5 Millionen Überschuss: 2017 ist finanziell für Langenargen offensichtlich gut gelaufen. Kämmerer Josef Benz hat in der Gemeinderatssitzung am Montag die endgültigen Zahlen vorgestellt und von einer „Jahresrechnung der Rekorde“gesprochen. Ein Wermutstropfen: Die Gemeinde hat zwar 10,5 Millionen Euro auf der Seite, dafür sind aber auch einige Projekte noch nicht umgesetzt.
Es ist der letzte kamerale Haushalt, den der Kämmerer erstellt hatte. Mittlerweile arbeitet die Gemeinde mit der Doppik, dem neuen kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen. Die Folge: Seit 2018 müssen alle Abschreibungen erwirtschaftet werden. Im Jahr davor ging es noch darum, Rücklagen zu bilden, was auch gelungen ist: Zum 31. Dezember 2017 hatte Langenargen 10,5 Millionen Euro auf der Seite – dank einer Rücklagenzuführung in Höhe von 7,4 Millionen. „Das ist ein absoluter Rekord“, versicherte Josef Benz.
Weitere Bestmarken, die der Finanzexperte für das Vorjahr nannte: Das Volumen des Verwaltungshaushaltes 2017 betrug 21,5 Millionen Euro. Das sind 2,8 Millionen Euro mehr als im Plan. Die Nettoeinnahmen beliefen sich auf 19,8 Millionen, angesetzt waren 17 Millionen. Die Gewerbesteuereinnahmen lagen bei 5,4 Millionen, gerechnet hatte der Kämmerer mit 3,5 Millionen, 2016 waren es 5 Millionen. Der Einkommensteueranteil machte 5,2 statt der veranschlagten 4,8 Millionen aus, und die Schlüsselzuweisungen brachten 2,7 Millionen (Plan: 2,5 Millionen).
Auf der Ausgabenseite schlugen vor allem die Personalausgaben mit 4,3 Millionen Euro (etwa wie angesetzt) und die sächlichen Aufwendungen mit 3 Millionen (Plan: 3,4 Millionen) zu Buche. Dazu kam unter anderem die Kreisumlage, die wie geplant 3,1 Millionen Euro betrug. Die Investitionsrate, also das, was der Verwaltungshaushalt für Investitionen übrig lässt, lag bei 3,5 Millionen (Plan: 2,8 Millionen).
Der Schuldenstand belief sich Ende 2017 inklusive Eigenbetriebe auf 4,8 Millionen. Macht pro Einwohner 612 Euro, womit Langenargen Josef Benz zufolge deutlich unter dem Landesdurchschnitt landete. Weniger positiv: Der Fremdenverkehrsbetrieb fuhr einen Verlust in Höhe von einer Million Euro ein, der von Gemeinde beziehungsweise Steuerzahler auszugleichen ist.
„Zu diesen Superlativen gibt es keine Steigerung mehr“, kommentierte Joachim Zodel, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler. „Und das in einer Zeit, in der wir uns von vielen sagen lassen müssen, dass wir nicht richtig rechnen können.“Einer seiner Kritikpunkte: Am hohen Kassenstand zeige sich, dass die Investitionstätigkeit zu niedrig sei. Viele Projekte, wie zum Beispiel die Sanierung des Strandbads oder der Neubau des Bauhofhauptgebäudes, seien nicht erledigt, und die Baukosten würden steigen: „Trotzdem ist alles gut.“
„Noch sehr viel zu tun“
Die Rekordzahlen seien vor allem der guten Konjunktur zu verdanken, sagte CDU-Gemeinderat Rainer Terwart. Und im Hinblick auf die Investitionen: „Klar, wir haben vieles vor der Brust. Unsere Hoffnung ist, dass wir das Geld jetzt auch für sinnvolle Projekte ausgeben, die bereits beschlossen sind.“Grünen-Fraktionschef Ulrich Ziebart schloss sich dem allgemeinen Lob an, hob aber auch den deutlichen Verlust im Fremdenverkehrsbetrieb hervor: Völlig unbestritten sei, dass die Einrichtung wichtig ist. „Wir sollten jedoch darüber nachdenken, wie wir weitermachen, ob wir zufrieden sind oder etwas ändern wollen.“
SPD-Fraktionsvorsitzender Charlie Maier sprach im Zusammenhang mit Haushalt und Kämmerer von „Höchstleistungen“. Gertrud Reiß, ebenfalls SPD, ergänzte: Die Zahlen seien sehr lobenswert, „aber wir sind tatsächlich unheimlich in Verzug bei Projekten, die längst beschlossen sind, weshalb sich viel Geld angesammelt hat“. Ihr Fazit: „Wir haben noch sehr viel zu tun.“