Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Ein Dirigent achtet auf die Balance der Instrumente
Ernst Hutter erklärt den Beruf bei der Dirigentenschulung des Blasmusikkreisverbandes Ravensburg
RAVENSBURG - Die diesjährige Dirigentenschulung des Blasmusikkreisverbandes Ravensburg hat unter dem Thema „Polka? Ja – dann aber richtig!“gestanden. 40 Dirigenten aus dem Verbreitungsgebiet des Blasmusikkreisverbandes Ravensburg und des benachbarten Blasmusikkreisverbandes im Bodenseekreis waren nach Taldorf gekommen, um von dem renommierten Referenten Ernst Hutter zu lernen, dem Leiter der beliebten original Egerländer Musikanten.
Ernst Hutter ist nicht nur als Musiker der Egerländer Musikanten und der SWR-Big-Band berühmt und bekannt, sondern ist auch als Komponist, Arrangeur und Dozent kompetent und vielseitig. Mit dem Wissen um die Geschichte der Blasmusik legte Hutter einen Schwerpunkt seines Vortrages, der dahin führen sollte, dass Dirigenten die Egerländer Stilrichtung adäquat interpretieren. Nach dem Zweiten Weltkrieg nämlich war die Blasmusik lediglich militärisch oder kirchlich geprägt. Erst in den 50er- und 60er-Jahren wurde sie zur Unterhaltungsmusik, zu der gerne auch getanzt wurde.
In dieser Zeit wurden auch die Egerländer Musikanten gegründet und sorgten für fröhliche Stimmung. Damit genau diese aufkam, musste der Rhythmus stimmen. Der Aufschwung der sinfonischen Blasmusik in den 90er-Jahren tat der Egerländer Musik keinen Abbruch. Die Vergrößerung der Band verstand sich als Hommage an die zunehmende Beliebtheit der Blasmusik in den Vereinen, die zu einem enormen Mitgliederwachstum in den Kapellen führte. Nun aber konzentrieren sich die Egerländer Musikanten wieder auf Individualität durch eher kleinere Besetzungen.
„Gute Vorbereitung und das fundierte Wissen um die Artikulation der einzelnen Bläsergruppen im Gesamtorchester sind wesentlich für die gezielte Arbeit eines Dirigenten“, führte Ernst Hutter aus und demonstrierte mithilfe des Lehrgangsorchesters, was er damit meinte. Die Musikkapelle des Musikvereins Taldorf hatte sich bereit erklärt, sich dem kritischen Auge und Ohr des Starmusikers zu stellen.
Das tiefe Blech, so erklärte Ernst Hutter, trage den Groove. Der Dirigent müsse auf das einheitliche Umsetzen der Interpretation achten, die gemeinsame musikalische Sprache fördern und unterstützen. Das sei mehr als das einfache Spielen von Noten, das sei ein sensibles gemeinsames Annähern an den gewünschten Klang. Den Rhythmus besser verstehen, das könnten Musiker beispielsweise durch singen mit pantomimischem Greifen, rhythmische Bewegung zur Musik oder durch körpereigene Instrumente.
Geschultes Gehör
Mit geschultem Gehör achte der Dirigent auf die Balance in den einzelnen Instrumentengruppen und steuere so die Kraft des gesamten Blasorchesters. „Ein Orchester ist das Zusammenklingen vieler einzelner Musiker“, hob Ernst Hutter die Bedeutung jedes einzelnen Musikers hervor. Die 40 Seminarteilnehmer folgten hochkonzentriert den Ausführungen des Dozenten, machten sich viele Notizen und waren beeindruckt, was kleine feine Unterschiede in der musikalischen Arbeit im Resultat bedeuten.
Parallel zu dieser Dirigentenschulung fand in Diepoldshofen ein Schnupperkurs für Musiker statt, die sich für das Dirigieren begeistern lassen. Schon seit etlichen Jahren hat der Blasmusikkreisverband Ravensburg es sich zur Aufgabe gemacht, schon frühzeitig dem Dirigentenmangel entgegenzuwirken und eine ganze Reihe an Schulungsangeboten und Kooperationen ins Leben gerufen.
Neben den üblichen Ausbildungskursen und Schulungen des Blasmusiklandesverbandes sowie den Bläserklassen, initiierte der Blasmusikkreisverband Ravensburg eine gelingende Kooperation mit Musikschulen, die ebenfalls Dirigenten ausbilden, die alljährlichen Dirigententage zur Fortbildung und zum Austausch und sogar ein Dirigentencoaching, das musikalische Leiter in ihrer Arbeit beobachtet, begleitet und mit kompetentem Feedback fördert und fordert.
So freute sich Rudolf Hämmerle, Vorsitzender des Blasmusikkreisverbandes Ravensburg darüber, dass derzeit gerade einmal nur rund zehn Dirigentenstellen vakant seien – und das bei rund 180 Blasmusikkapellen (inklusive Jugendkapellen) im Landkreis. Er dankte für einen interessanten und lehrreichen Seminartag.