Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Auch Opel am Diesel-Pranger
Ermittler durchsuchen Standorte in Rüsselsheim und Kaiserslautern – Ministerium will 100 000 Autos zurückrufen
RÜSSELSHEIM/BERLIN (dpa) - Mit Opel steht der nächste deutsche Autobauer im konkreten Verdacht, die Abgase von Dieselfahrzeugen mit umstrittenen Softwarefunktionen manipuliert zu haben. Am Montag durchsuchten Ermittler mehrere Stunden lang wegen möglichen Betrugs Geschäftsräume in Rüsselsheim und Kaiserslautern. Laut dem Bundesverkehrsministerium gibt es zudem einen amtlichen Rückruf für rund 100 000 Autos der Typen Insignia, Cascada und Zafira.
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) habe Anfang 2018 bei den fraglichen Opel-Modellen eine Abschalteinrichtung der Abgasreinigung entdeckt, erklärte in Berlin ein Sprecher von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Diese werde vom Bundesamt als unzulässig eingestuft. Wie schon in den Verfahren zuvor habe Opel die dazu eingeleitete Anhörung mit immer neuen technischen Argumenten zeitlich verschleppt. „Der amtliche Rückruf der betroffenen rund 100 000 Fahrzeuge steht nunmehr kurz bevor“, hieß es aus dem Ministerium.
Zuvor war es bereits zu ähnlichen Razzien im Zusammenhang mit Dieselabgastechnik beim VW-Konzern, bei Daimler und bei BMW gekommen. VW hatte 2015 auch eine Software-gesteuerte Manipulation der Abgasreinigung eingeräumt und damit den Dieselskandal in der gesamten Autobranche ins Rollen gebracht.
Laut bild.de geht es im Fall Opel um Euro-6-Dieselwagen der Modelle Insignia, Zafira und Cascada aus den Baujahren 2012 bis 2017 – also aus der Zeit vor der Übernahme durch den französischen PSA-Konzern. Die Ermittler hegen einen Anfangsverdacht des Betruges, weil die damalige General-Motors-Tochter Opel möglicherweise Dieselautos mit manipulierter Abgassoftware in den Verkehr gebracht habe, erklärte die Frankfurter Oberstaatsanwältin Nadja Niesen.
In den Autos arbeitet ein Steuerprogramm, das die zusätzliche Stickoxid-Reinigung der Abgase etwa bei hohen Drehzahlen und in einem breiten Bereich von Außentemperaturen herunterregelt. Opel hat die Technik stets verteidigt, weil sie notwendig für den Schutz von Motorbauteilen sei und den Vorschriften entsprochen habe. Es sei nicht darum gegangen, Prüftechnik auszutricksen.
Die Opel-Modelle sind schon länger Gegenstand von Prüfungen des KBA in Flensburg, auf dessen Strafanzeige die aktuellen Durchsuchungen zurückgehen. Laut Ministerium hatte die Behörde die Frankfurter Strafverfolger bereits im April über die neuen Erkenntnisse zu Abschalteinrichtungen informiert. 2017 hatte die Staatsanwaltschaft ein erstes Ermittlungsverfahren eingestellt. Damals sei es um andere Autos und Vorwürfe gegangen, sagte Niesen.
Opel hatte betroffenen Kunden freiwillige Software-Updates angeboten, dazu aber keine Fallzahlen genannt. Der Sprecher Scheuers nannte eine Quote von nur rund 70 Prozent, die ebenfalls auf eine Verschleppung durch Opel zurückzuführen sei. Die von der Bundesregierung geforderten Hardware-Nachrüstungen lehnt das Unternehmen weiterhin ab, weil diese „ökonomisch nicht sinnvoll und technologisch nicht ausgereift“seien.