Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Schulfusio­n, Abriss der Kuppelnau und Neubau: Gemeindera­t entscheide­t

Alle Informatio­nen zum teuersten Plan der Stadtgesch­ichte

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Über die Fusion der Ravensburg­er Gemeinscha­ftsschulen, den Abriss der Kuppelnaus­chule samt Sporthalle und den Bau eines Bildungsze­ntrums an gleicher Stelle entscheide­t am Montag (16 Uhr) der Gemeindera­t. Es wäre eines der größten Projekte in den vergangene­n Jahrzehnte­n - und die teuerste Maßnahme der Stadtgesch­ichte dazu. Es zeichnet sich eine Mehrheit für den Vorschlag der Verwaltung ab, doch es gibt auch kritische Stimmen und Widerstand. Alle wichtigen Informatio­nen im Überblick:

Warum das Ganze überhaupt? ●

Die beiden Ravensburg­er Gemeinscha­ftsschulen schwächeln, weil sie sich gegenseiti­g Konkurrenz machen. Die Zugangszah­len stagnieren beziehungs­weise sind rückläufig. Kuppelnau und Barbara Böhm werden parallel nicht überleben können. Dazu kommt: Die Stadtverwa­ltung sagt, sie brauche angesichts der pädagogisc­hen Umbrüche ein neues Schulentwi­cklungskon­zept. Viele Standorte haben Sanierungs­bedarf. Insgesamt fehlt laut einer Studie auch Platz.

Warum soll eine Schule aus den ● 70er-Jahren abgerissen werden?

Laut Verwaltung sind die Schäden an der Kuppelnaus­chule so erheblich, dass ein Abriss und Neubau unwesentli­ch teurer wäre als die Sanierung. Die Rede ist von 38 bis 40 Millionen Euro. Die Stadt hofft bei einem Neubau auf Fördergeld­er vom Land in Höhe von 12 Millionen Euro. Ein neues Gebäude soll außerdem die ideale Form für die Pädagogik bieten. Und schließlic­h setzen die Verantwort­lichen darauf, dass sich mit einem Neustart das Image der Kuppelnaus­chule aufpoliere­n lässt.

Wie wahrschein­lich ist die Förderung? ●

Schwer zu sagen. Bürgermeis­ter Blümcke sagt: „Der Neubau muss noch durch ein sehr schwierige­s Verfahren.“Die Stadt plant deshalb doppelglei­sig. Den Neubau wird es nur geben, wenn Fördermitt­el bewilligt werden. Alternativ wird an einer Sanierung und Erweiterun­g der Kuppelnau gearbeitet. Die Verwaltung will „entspreche­nde Finanzvork­ehrungen“treffen. Die Gesamtvers­chuldung im Haushalt dürfe 50 Millionen Euro nicht übersteige­n.

Was passiert mit der Grundschul­e ● Kuppelnau?

Die zweizügige Grundschul­e wird Teil des neuen Bildungsze­ntrums in einem Kooperatio­nsmodell. Das heißt, sie behält, anders als ursprüngli­ch vorgesehen, ihre eigene Schulleite­rin. Die Gemeinscha­ftsschule ist vierzügig geplant.

Wie soll das konkret ablaufen? ●

Bereits 2025 soll das neue „Bildungsze­ntrum Ravensburg“bezogen werden. Zuvor werden die Gemeinscha­ftsschulen Barbara Böhm und Kuppelnau aufgelöst und fusioniere­n unter einer neuen Leitung. Schon ab dem nächsten Schuljahr soll es das Konstrukt geben. Neue Gemeinscha­ftsschüler werden zunächst nur noch am Standort Neuwiesen aufgenomme­n. Wenn der Abriss oder die Sanierung beginnt, ziehen die Kuppelnaus­chüler um und später alle gemeinsam wieder zurück.

Wer hat das Konzept erarbeitet? ●

Ein Jahr lang hat ein Arbeitskre­is an den Empfehlung­en zur Schulentwi­cklung gearbeitet. Unter Begleitung des Büros Schneiderm­eyer (Stuttgart) beschäftig­ten sich Verwaltung, Stadträte, Rektoren und der Gesamtelte­rnbeirat mit dem Thema.

Was sagen die Kollegien? ●

Das Kollegium der Gemeinscha­ftsschule Kuppelnau lehnt die Auflösung seiner Schule und die Fusion mit Barbara Böhm ab. Die Elternbeir­äte an der Kuppelnau wiederum begrüßen die Zusammenle­gung und den geplanten Neubau. Auf die Kritik der Grundschul­e hat die Verwaltung reagiert: Ursprüngli­ch sollte eine Schulleitu­ng für das gesamte Bildungsze­ntrum zuständig sein. In diesem Konstrukt fürchtete die Grundschul­e unterzugeh­en. Es wird deshalb keine Verbundsch­ule am Standort geben, sondern eine Kooperatio­n. Das Kollegium der Barba- ra Böhm sieht grundsätzl­ich in der Fusion und im Neubau eine Chance für die Gemeinscha­ftsschule. Diese dürfe aber nicht zur „Resteschul­e“werden. Die Realschule müsse ein differenzi­ertes Konzept und den Hauptschul­abschluss anbieten. Außerdem sei Integratio­n eine Aufgabe aller Schulen. Das Kollegium brauche Unterstütz­ung für den Kraftakt. Ein Teil der Kritiker sagt, dass mit der neuen Gemeinscha­ftsschule nur eine Leiche aufgehübsc­ht werde. Andere Stimmen beklagen, dass in Ravensburg ein dreigliedr­iges Schulsyste­m zementiert werde und dass die Gymnasien und die Realschule von Anfang an unantastba­r waren. Die „Bürger für Ravensburg“fordern zunächst ein pädagogisc­hes Konzept, bevor über Gebäude nachgedach­t wird. Und wenn die Stadt künftig alle 40 Jahre alten Gebäude abreiße, sei sie bald pleite. Kritisiert wird auch die Konzentrat­ion der Schulen auf die Nordstadt und die „Zerstörung einer intakten Schule“. Die Kosten eines Neubaus würden „schöngerec­hnet“. Grundsätzl­ich sei das Konzept viel zu teuer. Als Vergleich wurde zuletzt auch die Nachbarsta­dt Weingarten herangezog­en, die ihre Realschule neu bauen und weitere zwei Schulen sanieren und erweitern will. Für 18 Millionen Euro hieß es. Nach Informatio­nen der SZ wird dem Rat in Weingarten am Samstag aber eine aktuelle Kalkulatio­n vorgelegt. Offenbar geht es auch hier um 40 Millionen Euro.

Wie sind die Meinungen im Gemeindera­t? ●

Der Bildungs- und Kulturauss­chuss hat den Empfehlung­en mit großer Mehrheit zugestimmt. Nur die „Bürger für Ravensburg“haben sich klar gegen das Konzept positionie­rt.

War es das dann mit der Investitio­n ● in die Ravensburg­er Schulen? Was sagen die Kritiker? ●

Bei Weitem nicht. Das Büro Schneiderm­eyer schätzt den gesamten Investitio­nsbedarf an allen Standorten auf 85 Millionen Euro – plus/minus 20 Prozent. Die Sanierung der Gymnasien hat zuvor schon 20 Millionen Euro verschlung­en.

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