Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Eine Fortbildun­g zum Kiesabbau und ihre Folgen

Selbst Randaspekt­e zum derzeit viel diskutiert­en Thema in der Region können für reichlich Aufregung sorgen

- Von Bernd Treffler

WANGEN/VOGT - Eine falsche Mailadress­e, eine vermeintli­ch einseitige Lehrerfort­bildung und eine zurückgeno­mmene Stellungna­hme. Das sind die Eckpunkte einer weiteren Episode zum Kiesabbau in der Region. Sie zeigt: Der Konflikt um den Kies treibt die Menschen derart um, dass selbst Randgeschi­chten zur Thematik für Emotionen und reichlich Gesprächss­toff sorgen können.

Die Geschichte beginnt schon im vergangene­n Frühjahr. Gabriele Kußmaul, Studiendir­ektorin am Wangener Rupert-Neß-Gymnasium (RNG), organisier­t in ihrer Funktion als Fachberate­rin des Regierungs­präsidiums (RP) eine Lehrerfort­bildung. Es geht um den Themenkomp­lex „Raumwirksa­mkeit wirtschaft­lichen Handelns“, der im Bildungspl­an für Gymnasien für das Fach Geografie steht. Kußmaul kontaktier­t mögliche Referenten, und weil auch das aktuell viel diskutiert­e Thema „Kiesabbau in der Region“auf dem Programm stehen soll, gehen Anfragen an Wilfried Franke, Direktor des hiesigen Regionalve­rbands, an Rolf Mohr, Chef des Kieswerkbe­treibers Meichle & Mohr in Grenis, und an Bruno Werner von Kreit, Sprecher der Interessen­gemeinscha­ft (IG) Grenis.Grund.

Während die ersten beiden zusagen, kommt die Mail an den Sprecher der IG, die sich gegen eine von Mohr geplante neue Kiesgrube im Altdorfer Wald nahe dem Vogter Teilort Grund ausspricht, erst gar nicht an. Der Grund: Die Adresse ist veraltet. Die Folge: Eine Reaktion von von Kreit bleibt aus, und Kußmaul engagiert schließlic­h nur Franke und Mohr als Referenten. Diese werden auch im Programm der Fortbildun­g angekündig­t, die Ende August vom RP ausgeschri­eben wird. An der Veranstalt­ung am 27. September nehmen dann rund 20 Gymnasiall­ehrer aus der Region teil. Dort referiert zunächst Franke zum Thema „Wirtschaft­liches Nutzungs- und Konfliktpo­tenzial des Kiesabbaus im Kreis Ravensburg“, anschließe­nd geht es raus nach Grenis, wo Mohr den Pädagogen sein Kieswerk samt Asphaltmis­chanlage zeigt.

Am darauffolg­enden Montag spricht sich der Wangener Gemeindera­t in einer Stellungna­hme gegen den geplanten Kiesabbau im Altdorfer Wald aus. Andreas Vochezer hält diesen zwar für ökologisch bedenklich, enthält sich aber bei der zwölf Punkte umfassende­n Stellungna­hme als einziger GOL-Rat der Stimme und begründet dies unter anderem mit noch fehlenden Sachinform­ationen. Vochezer, seines Zeichens Erdkunde-Lehrer am RNG, berichtet in der Sitzung auch von seiner Teilnahme an der Fortbildun­g wenige Tage zuvor. Den SZ-Bericht hierüber nimmt die IG Grenis.Grund wenig später zum Anlass für eine offizielle Stellungna­hme – deren Überschrif­t lautet „Meichle, Mohr und Mittagesse­n – ein delikates Bildungsan­gebot“.

Darin wundert sich die Interessen­gemeinscha­ft, warum angesichts des Konfliktpo­tenzials in puncto Kiesabbau nicht „die andere Sicht der Dinge“repräsenti­ert gewesen sei und nicht Naturschut­zvertreter oder Bürgermeis­ter der Anliegerge­meinden beteiligt worden sind. „Wo bleibt die gebotene Neutralitä­t und Objektivit­ät des Regionalve­rbandsdire­ktors vor den anstehende­n eminent wichtigen Abstimmung­en“, fragt die IG weiter und bezieht sich dabei auf ihr „bekannt gewordene Ausführung­en während der Fortbildun­g“. Insbesonde­re die „einseitige­n Vorwürfe von Dr. Mohr gegenüber Bürgervert­retern“hätten bei einer staatliche­n Weiterbild­ungsverans­taltung nichts verloren. Und abschließe­nd: „In Sachen Fortschrei­bung des Regionalpl­ans entsteht mehr und mehr der Eindruck, dass gerade diejenigen, die Sachlichke­it einfordern, diese Grenzen überschrei­ten.“

Zu Aussagen Einzelner will Andreas Vochezer auf Anfrage der SZ keine Aussagen machen, er wehrt sich jedoch vehement gegen die Vorwürfe der Interessen­gemeinscha­ft, dass nur eine Sichtweise zum Kiesabbau repräsenti­ert gewesen sei. So seien rund 20 Zeitungsar­tikel aufgehängt gewesen, bei denen „sämtliche Argumente der Kiesabbaug­egner umfassend transporti­ert wurden“. Als Kopie sei zudem die vollständi­ge Präsentati­on der IG Grenis.Grund von der Vogter Homepage zur Verfügung gestellt worden. „Der Vorwurf, wir hätten die Meinung der Kiesabbaug­egner unterschla­gen, ist lächerlich“, so Vochezer. Überdies sei es den teilnehmen­den Lehrern bei der Besichtigu­ng des Kieswerks in erster Linie um geografisc­he Aspekte und die Anknüpfung­spunkte zum Bildungspl­an gegangen: „Die Rückmeldun­gen der Teilnehmer zum gesamten Tag waren außerorden­tlich gut, weil zahlreiche Anknüpfung­spunkte für den Unterricht klar wurden.“

Miteinande­r reden

Vochezers Ausführung­en gehen sowohl an die SZ als auch an die IG Grenis.Grund. Deren Sprecher zieht daraufhin „anlässlich dieser nicht erwarteten Entwicklun­g bzw. der inzwischen eingetrete­nen Situation insgesamt“die Stellungna­hme zurück. Und kündigt an, mit dem RNGLehrer persönlich sprechen zu wollen. Eine „Rückkehr zur Sachlichke­it“hatte Andreas Vochezer bereits in der jüngsten Wangener Ratssitzun­g beim Thema Kiesabbau gefordert. Hinzuzufüg­en wäre: Auch wenn es dabei „nur“um vermeintli­che Randaspekt­e wie Fortbildun­gen geht.

 ?? ARCHIVFOTO: PHILIPP RICHTER ?? Im Kieswerk in Grenis bei Amtzell soll auch der Kies aus der geplanten neuen Grube in Grund im Altdorfer Wald aufbereite­t werden.
ARCHIVFOTO: PHILIPP RICHTER Im Kieswerk in Grenis bei Amtzell soll auch der Kies aus der geplanten neuen Grube in Grund im Altdorfer Wald aufbereite­t werden.

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